PRO LEIPZIG e.V.

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Zwiespältiger Neubeginn

Heinz-Jürgen Böhme

In der Folge der 1. Leipziger Volksbaukonferenz wurde dem Schutz und der Wiederherstellung des historischen Raumgefüges der Altstadt grundsätzliche Bedeutung beigemessen. „Diese überkommene, glücklicherweise sehr resistente und wiederherstellbare Stadtkomposition bietet in ihrer Konzentriertheit – verbunden mit den feinen Raffinessen stadtplanerischen und architektonischen Geschicks (Erker, Eckbetonungen, Dominanten, Straßenversatz, Ausblicke und Einblicke, Straßenkrümmungen und Platzwandführungen) all das, was man von einer guten Stadtstruktur verlangt: Überschaubarkeit, Erkennbarkeit, Orientierbarkeit, Einprägsamkeit und Unverwechselbarkeit“, so die Architektin und Stadtplanerin Heike Scheller 1990.
Die Richtlinien zur Bewahrung ortsprägender Merkmale, etwa des historisch gewachsenen Grundrissbildes oder einer an der Grundstücksgröße orientierten kleinteiligen Körnung, mündeten 1991 in die Gestaltungssatzung für das Stadtzentrum. Sie wurde 2017 aufgehoben, wobei nur ein Teil der Punkte mit deutlich geringerer Stringenz in den Bebauungsplan Nr. 45.6 „Stadtzentrum“ einging. Konkret heißt es da zum Matthäikirchhof: „Bei Neubebauung oder einer weitgehenden Umgestaltung dieser großen Bereiche ist davon auszugehen, dass qualifizierte Bebauungspläne mit detaillierten Festsetzungen (z. B. Baulinien) aufgestellt werden. Eine Festsetzung der historischen Baufluchten mit dem Mittel der Baulinie ist somit in diesem B-Plan nicht erforderlich.“ Warum hier die Stadt auf eine eindeutige Festlegung verzichtet, ist nicht nachvollziehbar.


Der Entwurf des Stuttgarter Büros Hinrichsmeyer+Partner ist entgegen seiner Platzierung der überzeugendste des Wettbewerbs. Der komplette Rückbau der Stasi-Gebäude bei dem gemäß dem Urban Mining Konzept die maximale Weiterverwendung des Abbruchmaterials angestrebt wird, ermöglicht nicht nur die Annäherung an die städtebauliche Struktur der Vorkriegszeit, sondern bietet den Archäologen auch die Chance weiterer systematischer Grabungen und Erkundungen zur Frühgeschichte der Stadt. Hier dürften etwa im Bereich des Parkplatzes und in teilweise unberührt gebliebenen Randbereichen noch interessante Funde zu erwarten sein. Städtebaulich besonders gelungen ist der über eine Schlippe erreichbare begrünte Binnenplatz in historischer Lage. Hier ist die Bezeichnung Matthäikirchhof vollauf berechtigt. Der zum Ring orientierte Kubus aus Bürgerforum und teils unterirdischem Archiv ist rundum transparent und stadtbildwirksam. Vorteilhaft ebenso das Kunst- und Kulturzentrum mit Atelier- und Ausstellungsflächen an der Großen Fleischergasse, das von einer Passage durchquert wird. Die Ausrichtung der Höfe des Wohnquartiers entspricht der der alten Gast- und Ausspannhöfe. Durch leichte Modifizierungen ließen sich der Wohnanteil vergrößern und die Höfe luftiger und grüner gestalten. Mit der angestrebten Verbindung aus Wohnen und Arbeiten könnte ein tragfähiges und ortsprägendes Modell gelingen. Dabei ist in puncto Hausbreiten und Fassaden ein hohes Maß an Individualität wünschenswert und eine durchgehend belebte Erdgeschosszone. Sämtliche Neubauten sollen in ressourcenschonender Holzhybridbauweise errichtet werden. © Heinz-Jürgen Böhme


In Vorbereitung des Wettbewerbs wurde ein Leitfaden aus durchaus sinnvollen Ansätzen, aber auch aus unangenehmen Worthülsen und Abgehobenheiten zum „Matthäikirchhof-Code“ hochstilisiert, der das Areal als „Ort der gelebten Demokratie“, als „eine Agora des 21. Jahrhunderts“ deklariert. Ob es tatsächlich gelingen wird, aus dieser einseitigen inhaltlichen Ausrichtung mit dem „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ und sächsischem Stasi-Unterlagenarchiv einen Quell frischen Stadtlebens zu kreieren, sei dahingestellt.
In diesem Kontext ist noch einmal daran zu erinnern, dass das Bürgerforum und dessen inhaltliche Ausgestaltung explizit kein Teil der Bürgerbeteiligung sind: „Das Forum wird von den Akteuren weiterentwickelt, die in besonderer Weise dort lokalisiert werden sollen“, so der Oberbürgermeister am 19. April 2021 während der Auftaktveranstaltung zur Bürgerbeteiligung im Kupfersaal.
Doch der Dreh- und Angelpunkt war zunächst der Umgang mit dem Stasi-Komplex. Im „Code“ verunsicherten unklare, teils widersprüchliche Formulierungen die Wettbewerber. Hier wurde nicht etwa auf die grundlegende Korrektur dieser Fehlentwicklung orientiert, vielmehr ließen die Verfasser keine Gelegenheit aus, mit dem Donnerwort „graue Energie“ auf dessen Erhalt oder Teilerhalt zu verweisen, sogar den „sorgsamen Umgang“ mit diesen „Bestandsgebäuden“ mahnte man an. Ein „sorgsamer Umgang“ mit eben jenen Industriebauriegeln, die von 1980 bis 1985 zielgerichtet als Zwingburg des Machtapparats konzipiert und als betonierte Respektlosigkeit gegenüber dem Ort und seiner Geschichte brutal über den Altstadtgrundriss gestempelt wurden.
Die "baulich-architektonischen Entwicklungen aus der vielfältigen Geschichte des Matthäikirchhofs" fanden nur noch beiläufig Erwähnung. Einerseits sollten die Entwürfe zur "Wiederherstellung des überlieferten gewachsenen Stadtgrundrisses" beitragen, andererseits stand dem der befürwortete Erhalt des „Winkelbaus“ entgegen. Allein schon das Streben nach „angemessener Körnung und Maßstäblichkeit“ stellt ja im Grunde den Fortbestand der Stasi-Gebäude in Frage.
Wenn der „grauen Energie“ eine derart dominante Bedeutung beigemessen wird, dass es andere Kriterien komplett aushebelt, wird es abenteuerlich, zumal in der sensiblen Altstadt, in der ohnehin einiges in Schieflage ist. Werden bauliche Defizite künftig in Kauf genommen, wenn nur die Ökobilanz stimmt? Wobei die ja zunächst nur eine behauptete, bestenfalls grob kalkulierte ist. Ob die Rechnung am Ende aufgeht, stellt sich gewöhnlich erst nach intensiver Planung heraus. Etwa wieviel es kostet, ringsum die alten Fassaden durch neue, den heutigen energetischen Vorgaben gemäße zu ersetzen oder das 1,5 bis 2 Meter angehobene Erdgeschoss der Riegel gestalterisch akzeptabel und barrierefrei nutzbar zu machen.
Unbestritten sind Themen der Ressourcenschonung und des ökologischen Bauens von elementarer Bedeutung, wobei es primär, wie etwa im Urban Mining Konzept der Kreislaufwirtschaft umrissen, um die Qualifizierung eines ganzheitlichen Systems zur Wiederverwendung von Baustoffen, also um Sortierung und Recycling des Abbruchmaterials über Transportoptimierung bis zum Einsatz neuartiger Baumaterialien gehen muss.
Es sei daran erinnert, dass noch vor wenigen Jahren, etwa bei den zwei Quartieren am Brühl oder bei den Messehallen an der Prager Straße, in ähnlichen Größenordnungen selbst Baudenkmale zerstört wurden. Da konnte oder wollte sich die Verwaltung nicht gegen gewiefte Investoren durchsetzen, denen der rote Teppich nie breit genug war. Beinahe hätte man selbst das Parkplatz-Areal hinter dem Großen Blumenberg für den Ersatzwohnungsbau der Brühl-Mall preisgegeben. Einfach so, aus dem Stegreif, ohne den Schatten eines städtebaulichen Konzepts. Auch die ehemalige Färberei der Kammgarnspinnerei im Zoo, ein einzigartiges Beispiel funktionalistischer Industriearchitektur, oder das Katholische Gemeindezentrum mit der Trinitatiskirche am Rosental wurden platt gemacht, obgleich es für beide Baudenkmale Umnutzungskonzepte gab.
Laut „Matthäikirchhof-Code“ ist beim anstehenden Projekt auch „aktive Geschichtsvermittlung“ ein Zielpunkt; doch tatsächlich wurde die lange facettenreiche Vergangenheit des Orts nur auf die jüngste politische Geschichte zurechtgestutzt. Der Rest? Kein Thema, ausgeblendet, vergessen, verdrängt. Die Ansiedlung der Musikschule Johann Sebastian Bach wäre diesbezüglich ein kluger Schritt gewesen, wurde jedoch diskussionslos negiert. Stattdessen soll eine Kopplung mit der Volkshochschule in den Geschossen über der Markthalle am Leuschnerplatz installiert werden. Auf meine direkte Frage an den Oberbürgermeister, was denn gegen eine Ansiedlung der Musikschule auf dem Matthäikirchhof spricht, meinte Burkhard Jung lapidar, er habe sich der Meinung des Kulturamts angeschlossen. Der Einwand, dass die Frage damit nicht beantwortet sei, wurde als lästig abgetan.


Modellansicht des auf Platz 1 gesetzten Entwurfs von Riehle Koeth GmbH+Co KG und Levin Monsigny Landschaftsarchitekten, Stuttgart. Der nördliche Baukörper des Stasikomplexes bleibt erhalten und soll mit neuen Fassaden öffentlich genutzt werden. Dies bedeutet neben deutlich reduzierter Wohnfläche des Viertels auch Verluste für die Körnung und den altstädtischen Maßstab: ein 74-Meter-Riegel anstelle früheren Einzelhauscharakters – vor der Kriegszerstörung bestand die etwa 91 Meter lange, leicht gekrümmte Häuserzeile aus neun Gebäuden. Der quer eingerückte, bis auf das Erdgeschoss fensterlose Kubus, der das Forum und das sächsische Stasiaktenarchiv aufnehmen soll, unterteilt das mittlere Areal in zwei Platzbereiche. Aber weder der an die Große Fleischergasse direkt angelagerte kleine steinerne Platz noch der größere Grünplatz, der auf der Südseite vom drögen 1958er Saalbau flankiert wird und als Einbuchtung des Promenadengrüns wirkt, vermag in der Gesamtbetrachtung der Flächennutzung zu überzeugen. So wird die Kontinuität des Ortes gestört und es stellt sich die Frage nach dem eigentlichen Matthäikirchhof als der zentralen mulifunktionalen Platzfläche. Generell bietet hier ein Binnenplatz die größeren Aufenthaltsqualitäten. Dass das ideelle Hauptgebäude des Viertels für Freiheit und Demokratie stehen soll, ist nicht einmal ansatzweise ablesbar. Im Vergleich zum deutlich inspirierteren Basisentwurf von Hinrichsmeyer+Partner ist hier eine ziemlich blutleere Mitte installiert, wenngleich es im Wettbewerb noch nicht um die konkrete Architekturausformung ging. Auf der Südostecke wird mit einem „Jugendgästehaus“ der u-förmige Wünschmanns Hof gespiegelt, wodurch sich hier zwei B-Seiten eher unvorteilhaft gegenüberstehen. © Heinz-Jürgen Böhme


Das finale Urteil der Wettbewerbsjury fiel ambivalent aus. Die vier Preisträger bedienen alle Varianten des Umgangs mit der Stasi-Hinterlassenschaft. Wirklich diskutabel und entwicklungsfähig sind jedoch nur die Beiträge der beiden Stuttgarter Büros Riehle Köth GmbH (Platz 1, Arbeit 1001) und Hinrichsmeyer+Partner (Platz 4, Arbeit 1005). Ein deutlicher Bonus gebührt den Viertplazierten, die sich in ihrem Entwurf konsequent vom Stasibeton und seinen Zwangspunkten befreit haben. Die Entwerfer auf den Plätzen 2 und 3 kleben weiter daran und versuchen krampfhaft, dessen Defizite zu kaschieren. Es ist offenkundig, dass mit ihrer besseren Plazierung nicht die bessere Entwurfsqualität, sondern das Festhalten an den Stasi-Riegeln honoriert wurde.
Auf den 2. Platz kam die Arbeit 1009, der Entwurf vom Büro FAM Architekten Hartinger Koch Tran-Huu PartmbH und studio erde. (Berlin). Die Jury: „Die Akzeptanz, Anerkennung der Qualitäten und die Prüfung des Umgangs mit den bestehenden baulichen Strukturen aus vergangenen Epochen, ist das Grundprinzip der städtebaulichen Entscheidungen der Arbeit.“ – Verklausulierte Augenwischerei. In unlauterer und befremdlicher Weise wurde im Protokoll die Entwurfs-Konstellation geschönt.
Nein, das hätte Ende 1989 niemand für möglich gehalten, dass man im Jahr 2024 mit dem Kompletterhalt des rundum ungenießbaren Stasi-Komplexes auf den Silberrang eines Städtebauwettbewerbs kommen kann. Plötzlich sind die Riegel zukunftstauglich, stehen städtebaulich geradezu optimal und überhaupt, wenn man die Fassaden ein wenig aufhübscht, die Fenster putzt und etwas Knöterich drapiert, dann passt es doch.
Aber im Ernst, wer sollte sich freiwillig in die Umklammerung des umtapezierten Stasi-Komplexes und des fensterlosen Archivbaus begeben? Welche Art städtischen Lebens und welche Anziehungskraft ist hier unter der „vertikalen Agora“ zu erwarten?
Ähnliches gilt für Platz 3, die Arbeit 1002, von Sero Architekten PartGmbH & Kollektiv B und Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten GmbH (Leipzig). Erst ausgeschieden, dann auf wundersame Weise und mit nur einer Stimme Mehrheit ins Verfahren zurückgeholt. Immerhin sei diese Arbeit, so behauptet es zumindest die Jury, dem Bestand und der Geschichte verpflichtet – Bestand trifft unübersehbar zu, mit der Geschichte kann allenfalls nur die der Stasi gemeint sein. Hier werden größere Teile des simplen, teils maroden Industriebaus unter dem Schutzsiegel „graue Energie“ erhalten und als ob dies nicht genügt, zu einem eng umschlossenen Hof vollendet. Den Autoren schwebte angeblich so etwas wie eine „neue Festung und Burg für Freiheit und Bürgerrechte“ vor. Eine verunglückte Metapher und erst recht keine gute städtebauliche Idee – Verkapselung statt Offenheit. Übrigens, die zerklüftete Baukante entlang der Großen Fleischergasse mit dem windigen Eckplatz ist keine altstädtische Qualität, sondern das Gegenteil.
Nun ist es am Stadtrat zu entscheiden. Da es gemäß geltendem Wettbewerbsrecht keineswegs zwingend ist, den Erstplazierten mit der Weiterarbeit zu beauftragen, sollte der Entwurf vom Büro Hinrichsmeyer+Partner den Zuschlag erhalten. Dieser zeigt das größte Entwicklungspotential und lässt damit am ehesten auf eine gültige Revitalisierung des Matthäikirchhofs hoffen. Übrigens löste diese Arbeit auf dem „Online-Schauplatz“ im Herbst letzten Jahres mit 301 Kommentaren mit Abstand die meisten Reaktionen aus.

Dieser Text wurde in gekürzter Form in der Ausgabe 84 der Leipziger Blätter veröffentlicht.


Wellige Grünflächen anstelle eines historischen Stadtplatzes

Den Freiflächenwettbewerb für den westlichen Wilhelm-Leuschner-Platz hat das Berliner "Atelier Loidl Landschaftsarchitekten" gewonnen. Am 8. März 2024 kürte ein Preisgericht unter Vorsitz des Kölner Professors Burkhard Wegener nach einer zweitägigen Sitzung den erstplatzierten als den besten von 23 eingesendeten Entwürfen. Neben Vertreterinnen und Vertretern des Stadtrates gehörten zur Jury auch Baubürgermeister Thomas Dienberg und Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke. Das Atelier Loidl möchte auf der bisher großteils versiegelten Fläche "ein neuartiges städtisches Ökotop mit den Orten für Tiere, Pflanzen und Mensch" schaffen, das den Leuschnerplatz für die klimatischen Veränderungen der Zukunft fit macht. Folgerichtig nannten die Berliner ihren Entwurf „Ökotopia“. Angedacht sind Spiel- und Sportanlagen nördlich des S-Bahn-Zugangs sowie grüne Aufenthaltsräume für die Öffentlichkeit. Damit werden 40 Prozent der 5,6 Hektar großen Brache des Leuschnerplatzes in Parkstrukturen aufgelöst. Um das zunehmend kostbare Niederschlagswasser im leicht abschüssigen Gelände länger halten zu können, sollen Sumpfmulden angelegt werden - was einem Teil des Terrains eine wellenartige Oberfläche verschaffen wird. Nebenbei soll ein großer Teil der Windmühlenstraße begrünt und vor der Stadtbibliothek stark verschmälert werden. Die Windmühlenstraße bleibt dort dann nur noch dem Anlieger- und Anlieferverkehr verpflichtet.

Alle 23 Entwürfe aus dem Freiflächenwettbewerb können ab Donnerstag, den 14. März, im Stadtbüro am Burgplatz von den Leipzigern und ihren interessierten Gästen betrachtet werden.


Vogelperspektive des Siegerentwurfs © Atelier Loidl
Geplantes Umfeld des City-Tunnel-Zugangs © Atelier Loidl


Im Übrigen gehörte zu den Planungsvorgaben der Stadt, dass 3500 Quadratmeter für ein zukünftiges Freiheits- und Einheitsdenkmal freizuhalten waren. Dieses soll auf einer Rasenfläche vor der Bibliothek zur erhofften Geltung kommen, nicht weit vom einstigen Aufstellungsort eines im Umfang bescheideneren Denkmals für Kurfürst Friedrich August II., dem späteren König Friedrich August I. von Sachsen. Wegen dieser 1780 installierten Statue trug der Stadtplatz von 1830 bis 1945 den Namen "Königsplatz". Nun braucht der westliche Wilhelm-Leuschner-Platz eine entsprechende Rückbenennung sicher nicht. Außerdem wurden Straßenbahnfahrgäste mit der Durchsage "Platz der Friedlichen Revolution" ja sowieso schon seit etlichen Jahren mental vorbereitet. Insofern folgt die Standortwahl des Freiheits- und Einheitsdenkmals nun dieser langen Vorankündigung, obwohl der Leuschnerplatz ja eigentlich kein ausgewiesener Ort für Demonstrationen der Friedlichen Revolution gewesen ist. Geschenkt. Schade ist jedoch, dass die Strukturen des ehemals dreiseitig definierten, historischen Stadtplatzes nunmehr endgültig aufgelöst werden. Nichts wird mehr daran erinnern. Dies ist der Wermutstropfen bezüglich der ansonsten sachlich sinnvollen Freiflächenplanung. Angesichts der östlich von den Grünflächen avisierten Großbaublöcke braucht es eines ökologischen Ausgleichs in Form von viel Licht, Luft und Grün. Innenstadtnahe Orte mit Aufenthaltshaltsqualität sind dringend nötig, nicht zuletzt auch, um den Nutzungsdruck auf die vorhandenen Grünanlagen zu lindern.

Der Königsplatz um 1840, Blickrichtung Süd © Wikimedia


120 Jahre Taborkirche in Kleinzschocher

Die weithin sichtbare Taborkirche mit ihren zwei markanten Türmen prägt eindrucksvoll das Ortsbild von Kleinzschocher im Südwesten Leipzigs.

Vor 120 Jahren, am Sonntag Lätare, den 13. März 1904, wurde die neue Kirche mit einer Festpredigt durch Pfarrer Christian Lohse unter großer Anteilnahme der Bevölkerung geweiht. Zu diesem Zeitpunkt stand die kleine Dorfkirche noch unmittelbar vor der Taborkirche auf dem Vorplatz.
Aus diesem Anlass findet das 120. Kirchweihfest am Wochenende 9./10. März in der Kirche und dem angrenzenden Gemeindehaus mit einem recht umfangreichen Programm für Groß und Klein statt.

Samstag, 9. März 2024:
14.00 Uhr - Verantsaltungseröffnung und kleine Filmvorführung, Kaffee- und Kuchentafel, Tombola im Gemeindehaus, Turmbesteigungen und Kirchenführung
17.00 Uhr - Marionettenspiel in der Taborkirche
19.00 Uhr - Abendessen im Gemeindehaus
Sonntag, 10. März 2024:
09.30 Uhr - Festgottesdienst mit Missa Festiva für Chor und Orgel,
im Anschluss: Eröffnung einer Ausstellung zur Geschichte der Taborkirche.

Die Verantstaltung dürfte nicht nur die Mitglieder der christlichen Gemeinden, sondern darüber hinaus auch viele stadtgeschichtlich interessierte Leipzigerinnen und Leipziger ansprechen. PRO LEIPZIG wünscht viel Erfolg!

Weitere Informationen finden Sie in den nächsten Wochen auf https://www.taborkirche.de/



Matthäikirchhof-Wettwerb: Der Sieger steht fest

Das Architekturbüro "Riehle Koeth GmbH & Co. KG" aus Stuttgart und die "Levin Monsigny Landschaftsarchitekten" aus Berlin haben den städtebaulichen Wettbewerb zur Entwicklung des Matthäikirchhofs gewonnen. Wie die Stadt Leipzig auf ihrer Webseite bekannt gibt, habe eine große Mehrheit der Jurymitglieder für den Stuttgarter Entwurf gestimmt. Das Gremium hatte am Vortag zehn Stunden lang über die letztverbliebenen neun Entwürfe debattiert, die für die zweite Runde nochmals umgearbeitet worden waren. Baubürgermeister Thomas Dienberg gab den Sieger am 1. Februar 2024 bekannt. Neben ihm gehörten dem Preisgericht unter Vorsitz von Professor Markus Neppl (Architekt und Stadtplaner aus Köln) auch Vertreterinnen des Stadtrates und Oberbürgermeister Burkhard Jung an. Der Preisträgerentwurf will einen Teil des ehemaligen Stasi-Gebäudes erhalten und ist somit als Kompromiss zwischen den Positionen Gesamterhalt und Komplettabriss der 1980er-Jahre-Blöcke anzusehen. Wenigstens werden hier die städtebaulich katastrophalen Querriegel in Richtung Ring und Großer Fleischergasse abgeräumt. Das künftige Gebäude „Forum für Freiheit und Bürgerrechte/Demokratiecampus", welches Teile des Stasiunterlagen-Archivs aufnehmen wird, steht im Zentrum eines Wiesenplatzes, der von der Treppe am Wagner-Denkmal aus betreten werden kann. Vis a vis des Passage-Kino-Durchgangs ist ein kleiner Steinplatz geplant. Eine genauere Bewertung des Entwurfs können wir leider erst nach dem 29. Februar 2024 vornehmen, wenn alle 66 Arbeiten in einer Ausstellung öffentlich zu sehen sein werden. Dann dürfte auch interessant sein zu erfahren, welche Planungsdetails das Preisgericht bewogen haben, dem Entwurf von Riehle Koeth den Vorzug zu geben.

Nachtrag 5. Februar 2024: Inzwischen hat die Stadt Leipzig auf ihrer Internetpräsenz eine PDF eingestellt, die den Bürgerinnen und Bürgern zumindest visuelle Eindrücke der für die zweite Wettbewerbsrunde überarbeiteten neun Entwürfe gibt.

Der Siegerentwurf vom Ring aus gesehen und in der Vogelperspektive        © Riehle Koeth GmbH & Co. KG



Festtagsgrüße

Der Vorstand von PRO LEIPZIG e.V. bedankt sich bei allen Mitgliedern, Freunden und Unterstützern des Bürgervereins für Ihre Arbeit und ihren Beitrag zur Erreichung unserer Vereinsziele! 

Allen krisenbedingten äußeren Schwierigkeiten zum Trotz ist es auch 2023 gelungen, einiges auf die Beine zu stellen: Wir haben vier Publikationen zur Leipziger Geschichte gestalten, finanzieren und in den Handel bringen können, haben uns auf Straßenfesten und der Buchmesse präsentiert, Lesungen, Vorträge und Stadtteilführungen veranstaltet sowie in die aktuelle Stadtentwicklungspolitik eingemischt. Wir standen Leipzigerinnen und Leipzigern sowie auswärtigen Interessenten mit Rat und Recherche zur Seite, konnten so manche Publikation befreundeter Verlage mit Abbildungen aus unserem Bildarchiv bereichern. Die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen, Verbänden und Forschungsinstitutionen wurde nochmals forciert. Das alles trotz Teuerung und Inflation und mit immer weniger aktiven Gestaltern geschafft zu haben, macht uns sehr stolz.

Nun wünschen wir allen Bürgerinnen und Bürgern ein friedliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Mögen die Kriege auf dieser Welt ein sofortiges Ende haben, Schwerter zu Pflugscharen werden und alle Menschen freundlich, solidarisch und sozial miteinander umgehen. Auf dass wir Fokus, Zeit und Geld wieder auf Dinge lenken können, die die Menschheit wirklich voranbringen.

In diesem Sinne, allen eine besinnliche Advents- und Weihnachtszeit!



Wissenswertes und nette Anekdoten aus dem Stadtteil Lindenau der 1960er bis 1980er Jahre

Unser Vereinsmitglied Lothar Kurth ist weiter fleißig aktiv und präsentiert wegen reger Nachfrage erneut seine "Erlebnisse in Kinder- und Jugendjahren" aus Lindenau. 

Ort der Lesung ist diesmal das Kirchencafé der Liebfrauenkirche in der Karl-Heine-Straße 110. Das Ganze findet statt am 18. Januar 2024, um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei. 

Es besteht die Möglichkeit, Lothar Kurths interessantes und kurzweiliges Buch käuflich zu erwerben und vom Autor persönlich signieren zu lassen. PRO LEIPZIG wünscht viel Spaß!




Lothar Kurth bei einer Lesung im Lixer e.V. Stadtteilladen am 29. April 2023



Eine kleine, aber feine Runde bei der Buchvorstellung

Trotz Brückentagstermin und widrigen Sturmböen haben am 23. November 2023 rund 25 Interessierte den beschwerlichen Weg ins Haus der Demokratie auf sich genommen, um bei der Vorstellung des Buches "Wasser, Wald und Menschen" dabei zu sein. Nach einleitenden Worten unseres geschäftsführenden Vorstands, Dr. Nabert, beschrieb der Autor Michael Liebmann entlang von 50 Bildern die Struktur des Buches und erläuterte bereits die eine oder andere Problematik. Anschließend las er noch ein halbes Kapitel aus der Publikation vor, um den Gästen einen Eindruck von der Formulierungsart und Sprachmelodie zu geben.

 


Natürlich kann man innerhalb einer Stunde nicht die Inhalte von 416 hochformatigen Seiten referieren. Insofern wurden ausgewählte und beispielhafte Ereignisse aus der vieltausendjährigen Geschichte der Elster-Luppe-Aue lediglich grob angerissen.

Ziel war es ja vornehmlich, das Publikum für das Thema zu interessieren und selbiges zum Buchkauf zu animieren - auf dass PRO LEIPZIG Einnahmen generieren kann, welche Vereinsarbeit, laufende Kosten und nächste Buchprojekte finanzieren helfen.


Nach der Präsentation beantwortete Michael Liebmann noch Fragen aus dem Publikum. Es entwickelte sich unter den Gästen eine kleine, rege Diskussion in angenehm entspannter Stimmung. Weitere gute Gespräche gab es nach der Veranstatung noch bei Apfelschorle und Wasser. Manch eine ließ sich ihr neu erworbenes Buch auch signieren.

Am 26. November 2023 hat Ralf Julke in der Leipziger Zeitung eine sehr ausführliche und fachkompetente Rezension zu "Wasser, Wald und Menschen" veröffentlicht. Wer noch unsicher ist, sich das dickleibige Buch anzuschaffen, wird von den dortigen Ausführungen vielleicht zusätzlich inspiriert. Die Besprechung finden Sie hier.



Buchvorstellung am 23. November 2023 im Haus der Demokratie

Zwei Jahre harte Arbeit finden nunmehr ihr erfreuliches Ende: Die vom PRO LEIPZIG e.V. herausgegebene Publikation "Wasser, Wald und Menschen" zur vieltausendjährigen Historie einer beeindruckenden Landschaft ist ab 15. November 2023 bei uns im Büro, in unserem Webshop sowie in gutsortierten Buchläden dieser Stadt käuflich zu erwerben. 

Am Donnerstag, den 23. November, um 18 Uhr, präsentieren der Redakteur und Buchgestalter Thomas Nabert sowie der Autor des Buches, Michael Liebmann, dessen Inhalte im Haus der Demokratie (Erdgeschoss rechts). Alle Leipzigerinnen und Leipziger, die sich für Regional- und Umweltgeschichte sowie das Wohlergehen der Auwälder ihrer Stadt interessieren, sind dazu herzlich eingeladen. Sie werden sicher das eine oder andere Wissenwerte erfahren.




Jahreskalender der Fotothek Mai als Geschenktipp

Nicht mehr lang hin und es ist wieder Weihnachten. Jedes Jahr quälen sich viele mit der Frage nach einem geschmackvollen und nichtsdestotrotz erschwinglichen Geschenk für Familienangehörige, Freunde oder Bekannte. Was tun?

Wie vor Zeiten schon einmal empfiehlt PRO LEIPZIG in guter Tradition die traditionsreichen Jahreskalender der "Fotothek Mai Leipzig". Erneut wurden spannende und inspirierende Motive des berühmten Fotografen Karl Heinz Mai aus dem Leipziger Alltag der 1950er zusammengestellt. Der aktuelle Kalender ist auch an anderer Stelle schon angemessen gewürdigt worden.

Einer Vermittlung durch unseren Verein bedarf es dieses Mal nicht mehr. Die Kalender können nun online hier und hier direkt käuflich erworben werden. Viel Spaß damit!




Abweichende Öffnungszeiten wegen des diesjährigen "Auwaldforums" am 2. November 2023

Sachsens Umweltminister Günther und Leipzigs Umweltbürgermeister Rosenthal zur Eröffnung des Impulsforums 2023 (Foto: M. Liebmann)

Am 2. November 2023 findet auf Einladung des sächsischen Umweltministers wieder ein "Impulsforum Leipziger Auwald" statt. Bei der nunmehr dritten Veranstaltung dieser Art informieren SMEKUL und Stadt Leipzig über Fortschritte beim Naturschutzgroßprojekt "Leipziger Auwald - Fluss-, Auen- und Stadtlandschaft zusammendenken" und dem damit verbundenen "Masterplan Elster-Luppe-Flusslandschaft". In der Konsumzentrale Leipzig, Industriestraße 95, finden sich zu diesem Zweck diverse Vertreter von Behörden des Freistaates Sachsen, Planungs- und Ingenieurbüros, Landratsämtern, Kommunen, Landwirtschaftsunternehmen, Verbänden, Vereinen und Stiftungen zusammen. Auch PRO LEIPZIG wird vor Ort präsent sein und sich einbringen. So wie wir, hoffen viele interessierte Bürgerinnen und Bürger mehr über den Bearbeitungsstand des lang erwarteten Auenentwicklungskonzeptes der Stadt Leipzig zu erfahren, auf dessen Basis die Revitalisierung der Leipziger Auen in den nächsten Jahren wasserbaulich gestaltet werden soll.

Aufgrund dieser Veranstaltung ist das Pro-Leipzig-Büro am 02.11.23 abweichend von 10.30 - 16.00 Uhr geöffnet. Wir bitten um Ihr Verständnis.


Matthäikirchhof-Wettbewerb: Resümee der Hofschau

Die Veranstaltung im Museum der bildenden Künste am 19.10.23 wurde rege besucht, das war sehr erfreulich. Die Gestaltung des innerstädtischen Quartiers stößt weiterhin auf großes Interesse, an den Ständen der vorausgewählten neun Architekturbüros ist ordentlich nachgefragt und diskutiert worden. Zuvor hatte Baubürgermeister Dienberg in einem Interview mit dem MDR und in seinen Begrüßungsworten an das Publikum im Museum noch einmal wettbewerbsrechtliche Gründe angeführt, warum die Stadt unserer Bitte, alle 66 Entwürfe auszustellen, nicht nachkommen wollte. Im besagten MDR-Beitrag für den „Sachsenspiegel“ kam als kritische Stimme auch unser Vereinsmitglied Heinz-Jürgen Böhme zu Wort. Leider war der Zweiminutenbeitrag zu kurz, um unsere Kritik auch argumentativ unterfüttern zu können. Unser Standpunkt, dass eine sinnvolle Entwicklung des Areals nur mit dem Komplettabriss der 1980er Stasi-Bauten gelingen kann, ist aber im MDR-Beitrag deutlich geworden.

Bei der Hofschau bestand die Mitwirkungsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger darin, an den Präsentationsständen Fragen zu den Entwürfen stellen und Detailanregungen zu den vorausgewählten Beiträgen geben zu dürfen. Diese Impulse können - müssen aber nicht - in die weitere Bearbeitung einfließen. Wie Bürgermeister Dienberg äußerte, ging es aus Sicht der Stadtführung nicht darum, die Menschen bezüglich der Matthäikirchhof-Planung konkret mitentscheiden zu lassen – das sei Sache eines vorausgewählten Gremiums – sondern die Bürgerschaft „mitzunehmen“. Und hier liegt, finden wir, das grundsätzliche Missverständnis begründet, was jeweils unter „Bürgerbeteiligung“ verstanden wird. Ältere Zeitgenossen durften solche in den 1990er Jahren noch als echte Mitbestimmung erleben, in Zeiten, als die Stadtverwaltung und die Bürgerschaft auf Augenhöhe und konstruktiv um das beste Ergebnis rangen, als ehrenamtliches Engagement sich noch in konkret sichtbaren, gemeinsam erarbeiteten Produkten bestätigt und gewürdigt sah. Heutzutage versteht die Verwaltung Bürgerbeteiligung eher als „Bürgerinformation“. Nach dem Motto der großen Politik: „Man muss es den Menschen nur besser erklären.“ In diesem Zeichen stand dann auch die Hofschau.

Wir wollen den beteiligten Architekturbüros keineswegs Unrecht tun. Sie haben im Rahmen des ihnen Vorgegebenen fleißig gearbeitet, haben sich Gedanken gemacht und diese engagiert präsentiert. Dies ist unbenommen und verdient Respekt. Das Problem war der gesetzte Rahmen, sprich: der im sogenannten Matthäikirchhof-Code definierte vordergründige Hinweis auf den (Teil-)Erhalt der Stasi-Bauten. Das war eben mehr als ein Fingerzeig von Seiten des Auftraggebers. Und das Auswahlverhältnis 1:8 von Komplettabriss und (Teil-)Erhalt ließ dann eben eine Tendenz erahnen, welcher Seite die bestellte Jury eher zuneigt ist. Allen Beteuerungen, man sei objektiv vorgegangen, zum Trotz.

Am Ende des gestrigen Abends durften die vorausgewählten Teilnehmer ihre Konzepte dann noch einmal einem größeren Publikum in Fünfminutenvorträgen vorstellen. Nach jeder Präsentation kommentierte die Jury-Leiterin, warum es dieser und jener Entwurf in die nächste Wettbewerbsrunde geschafft hat. Jene Stuttgarter Architekten, die den Totalabriss präferierten, waren dann auch die einzigen, die ein Gespür dafür entwickelt hatten, warum ein Großteil der Leipzigerinnen und Leipziger diese Stasi-Blöcke abgerissen haben möchte: Nicht nur die älteren Generationen, die von diesem Ort noch Pressionen ausgehen sahen, beschleicht eben ein körperliches Unbehagen, ein politisch oder ästhetisch begründetes Unwohlsein im Schatten dieser Blöcke. Dies kann man kosmetisch nicht beheben. Es wäre dies nur eine teilkaschierte Fortschreibung dieses "Unortes" gegen den erklärten Willen breiter Teile der Bürgerschaft. 

Die Stuttgarter Architekten haben gut dargelegt, dass es auch im Sinne der Reduktion „grauer Energie“ besser und kostensparender wäre, alles abzureißen und neu zu bauen. Die Schäden an der Substanz sind eben so erheblich, dass unverhältnismäßig viel und teuer saniert werden müsste. Andere Architekturbüros und selbst die Jury-Leiterin ließen das Publikum ja in dem Glauben, dass der ökologische Fußabdruck umso größer sei, je mehr Gebäudeteile erhalten blieben. Mit dem Nachhaltigkeitslabel fängt man eben ein junges Publikum. Genau definiert wurde das inflationär benutzte Schlagwort „graue Energie“ freilich nicht. Das wäre aber ehrlich gewesen. Es kommt eben immer auf das jeweilige Gebäude, dessen Zustand und die künftige Nutzung an, ob ein Umbau energie-, arbeitszeit- und kostensparender ist, als ein Neubau. Solange kein Denkmalschutz einen erhöhten Aufwand gesetzlich erzwingt – und das ist hier der Fall, denn entgegen so mancher Falschbehauptung gestern Abend stehen die 80er-Jahre-Blöcke bis auf Einzelteile eben nicht unter Schutz - ist ein Abriss und Neubau in der Gesamtenergiebilanz (unter Vorbehalt genauer Berechnungen) sehr wahrscheinlich besser oder wenigstens nicht schlechter. Da auch beim (Teil-)Erhalt wegen der neuen anspruchsvollen Nutzungen die Gebäude komplett entkernt werden müssen, ist der Energiegewinn eben nicht so groß, wie behauptet.

Zugespitzt illustriert: Wenn hundert Bauarbeiter ein halbes Jahr lang mit Presslufthämmern zwei zu erhaltende Stahlträger freilegen, werden in dieser Zeit wesentlich mehr Arbeits- und Energiekosten produziert, als es zwei Bagger in einer Woche beim Komplettabriss täten. Ein Neubau mit bestimmten Materialien und Strukturen kann langfristig energiesparender sein, als ein nachgedämmter 80er-Jahre-Verwaltungsbau. Da das neue Quartier ja mindestens 100 Jahre stehen soll, muss also auch der Energieverbrauch der Gesamtzeit eingepreist werden. Und dass ein Umbau meist teurer ist, als Abriss und Neubau, ist eine Binse – schon weil er länger dauert und sich die Baukosten in dieser Zeit erhöhen. Wie das aussehen kann, zeigt anschaulich der seit Jahren vor sich hin dümpelnde Umbau des Technischen Rathauses. Solche Zusatzgelder zu erarbeiten, kostet übrigens auch Energie. Das alles muss mitbedenken, wer die schöne Floskel der "grauen Energie" im Munde führt. Die Mitglieder von PRO LEIPZIG tun dies übrigens auch - nur an dieser einen Stelle empfindet die Mehrheit der aktiven Mitglieder das Argument eben als vorgeschoben. Im Übrigen: Boden entsiegeln, Solarpanels aufs Dach bringen und Fassaden begrünen kann man letztlich bei allen Entwürfen – das ist kein besonderes Alleinstellungsmerkmal einzelner Beiträge.

In diesem Sinne hoffen wir, dass die Beteuerung der Jury-Sprecherin, alles sei noch immer offen und auch ein Komplettabriss weiterhin eine Option, nicht nur als Beruhigungspille gedacht ist. Eine Publikumsdiskussion dazu war leider nicht vorgesehen. Insofern duldeten die Veranstalter ein „Feedback“ eben nur an den Ständen und zu den vorausgewählten Entwürfen, nicht aber zum Procedere selbst. Diese angetäuschte Bürgerbeteiligung ist der Grund, warum etliche Bürger auf unsere Bitte, sich doch bei der Hofschau einzubringen, resigniert abgewinkt haben. O-Ton eines älteren Herrn gestern Abend vor Ort:  „Die bauen doch eh, was sie wollen.“

PRO LEIPZIG hat die Hoffnung aber noch nicht aufgegeben, dass am Ende doch noch etwas Ordentliches dabei herauskommt.


Matthäikirchhof: Erinnerung an die Hofschau am 19. Oktober 2023

Entwurf Hinrichsmeyer + Partner (Quelle: Stadt Leipzig / Haberbeck)

Wie bereits bekanntgegeben, präsentiert die Stadt Leipzig am Donnerstag, den 19.10.2023, 15.00 - 20.30 Uhr, die im Wettbewerbsverfahren zur Neugestaltung des Matthäikirchhof-Areals durch eine Jury vorausgewählten neun Gestaltungsentwürfe. Von diesen neun Beiträgen präferieren vier den Kompletterhalt des 1985er Stasi-Blocks und vier Entwürfe möchten erhebliche Teile davon erhalten. Nur einer wagt den vom Großteil der Leipzigerinnen und Leipziger erhofften Gesamtrückbau. Wir finden, dass für die Erinnerung und das Gedenken an die Taten der DDR-Staatssicherheit die Runde Ecke der richtige Ort ist. Unsere Bitte und jene der Initiative Leipziger Architekten (ILA), der Öffentlichkeit auch die anderen 57 im Wettbewerbsverfahren eingereichten Entwürfe zur Einsicht freizugeben, wurde von der Stadtverwaltung über den Umweg eines Artikels in der Leipziger Volkszeitung leider abgelehnt. Nun bietet die Hofschau am 19. Oktober die nächste Möglichkeit für die Bürgerinnen und Bürger, den Verantwortlichen ihre Wünsche und Vorschläge nahezubringen. Die Präsentation findet im Museum der bildenden Künste, Katharinenstraße 10 statt.

Anmerkung: Um die Teilnahme möglichst vieler Pro-Leipziger-Mitglieder an der Hofschau sicherstellen zu können, hat unser Büro am 19.10. nur bis 16 Uhr geöffnet!


Der Palmengarten feiert 2024 sein 125-jähriges Jubiläum

Der Leipziger Palmengarten wird heute von vielen Menschen als einer von mehreren Teilen des ausgedehnten Clara-Zetkin-Parks empfunden, von denen er sich nicht sonderlich zu unterscheiden scheint. In der Tat strahlt die Anlage seit dem Abbruch der repräsentativen Bebauung 1938 nicht mehr ganz so viel des alten Glanzes aus, der sie in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts so attraktiv machte. Aber auch als einfache Parkanlage hat der Palmengarten einen großen Reiz, ist bei erholungssuchenden Leipzigerinnen und Leipzigern sehr beliebt. 

Im Jahr 1893 regte Leipzigs Oberbürgermeister Dr. Georgi höchstselbst den Bau des Palmengartens an, übernahm auch den Vorsitz im Bauausschuss. In den Blick genommen wurden Wiesen und ein Wäldchen südlich des Kuhturmes, die sich im Eigentum der Stadt befanden und auf denen zuvor das Landwirtschaftliche Institut der Universität Leipzig samt „Rassestall“ untergebracht war. Zum Grundstück gehörten 3 ¼ ha Feld und 10 ha Wiesen, auf denen man auch die Melioration von Auenböden erprobte. Zu diesem Zweck hatte die Stadt der Universität das Gelände verpachtet. Während das Institut selbst 1878 neue Gebäude an der Brüderstraße in Leipzig bezog, nutzte man das Kuhturm-Areal noch bis 1893 als Versuchsgut für die Kuh-Zucht. Zusammen mit Teilen des Wäldchens „Ritterspürchen“ sollte dieses Areal nun die Basis der neuen Parkanlage bilden. 

Gesellschaftshaus im Palmengarten, um 1900

An einem bis 1897 ausgetragenen öffentlichen Wettbewerb beteiligten sich dann ausgewiesene Autoritäten der Gartenbaukunst aus ganz Deutschland. Zur Jury gehörten neben dem Oberbürgermeister noch andere Honoratioren aus Leipzig, z.B. Baurat Arwed Rossbach, Stadtbaurat Professor Hugo Licht und Gartendirektor Otto Wittenberg, aber auch der Frankfurter Palmengartendirektor August Siebert. Es wurde eine gemeinnützige „Aktiengesellschaft Leipziger Palmengarten“ gegründet, deren Ziel es war, einen gemeinbildenden Lust- und Ziergarten mit kunstgärtnerischen Anlagen und Ausstellungscharakter zu betreiben. Dabei sollte die Bürgerschaft mit einbezogen werden. Es galt, die Parkanlage auch für nachfolgende Generationen zu erhalten. Vorbild des Projekts war ein Palmengarten in Frankfurt/M., der sich dort großer Beliebtheit erfreute. Nach den Wettbewerbsplänen ließ die Stadt Leipzig dann auf 22 Hektar eine kunstgärtnerische Grünanlage im Stile eines englischen Landschaftsparks anlegen, zudem ein Gesellschaftshaus und einen botanischen Garten. 

Das Prestigeobjekt der Stadtführung entwickelte nach der Eröffnung 1899 tatsächlich gesamtstädtische Ausstrahlungskraft und wurde weit über die Grenzen Leipzigs hinaus bekannt. Neben hochrangigen Persönlichkeiten der Stadt engagierte sich ein breiter Kreis der Bürgerschaft für diese kunstgärtnerische Anlage ersten Ranges. Es fanden sich viele private Spender und auch das Leipziger Gewerbe beteiligte sich rege. Von heute aus gesehen ein schönes Beispiel dafür, wie mit Tatkraft und Bürgersinn etwas Großartiges geschaffen werden kann.

Eine Initiative unter Federführung von Mike Demmig hat nun beim Petitionsausschuss der Stadt eine Petition eingereicht. Die Beteiligten regen an, das 125-jährige Bestehen des Leipziger Palmengartens im Jahr 2024 zu nutzen, um ein dezernatsübergreifendes Themen-Projekt in Kooperation mit unterschiedlichen Akteuren durchzuführen. Das Jubiläum biete „einzelne Themenstränge, um Stadtgeschichte in höchst aktuellem Maße zu reflektieren und gesellschaftsrelevante Fragen von der Pflege der Leipziger Park- und Gartenbaukultur, der Müllproblematik oder die Sicherheit in öffentlichen Grünanlagen, den Vandalismus gegenüber Kultur- und Gartendenkmälern, der Sicherung notwendiger klimawirksamer Frei- und Grünflächen im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung und der damit verbundenen Konflikte einer wachsenden Stadt öffentlichkeitswirksam zu diskutieren … Die Themen einer modernen Stadtverwaltung beziehen sich unmittelbar auf die damaligen Herausforderungen der Stadtplanung um 1900, die vor den gleichen Fragen stand und erste Ansätze einer nachhaltigen Stadtentwicklung präsentierte“ – so Mike Demmig. Wie beim 2022 erfolgreich durchgeführten Themenprojekt zur „STIGA 1897“ könne wieder ein konstruktiver Diskurs und ein nachhaltiges Netzwerk zwischen allen Beteiligten etabliert werden. PRO LEIPZIG unterstützt diese lobenswerte Initiative ausdrücklich und ruft zur Unterzeichnung der Petition auf, die noch bis 13. November 2023 online ist.
Zudem verwiesen wir auf die von Mike Demmig und anderen Mitstreitern gepflegte Webseite „meinpark.info“, die sich der Kulturgeschichte Leipziger Parks verschrieben hat und auf der man eine Menge interessanter kleiner Fundstücke entdecken kann. Darüber hinaus kommen Personen der Stadtgesellschaft zu Wort, die sich auf verschiedene Art und Weise für die Kulturgeschichte Leipzigs engagieren.  Auch Pro-Leipzig-Autor Michael Liebmann durfte sich in einem Interview äußern.
Schauen Sie doch mal rein!

Offener Brief Leipziger Architekten an den Oberbürgermeister vom 28. September 2023 (und Nachtrag):

Zur Bürgerbeteiligung – Städtebaulicher Wettbewerb Matthäikirchhof

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

nun liegen die Ergebnisse der ersten Stufe des Wettbewerbs zur städtebaulichen Neugestaltung des Matthäikirchhofs vor und auf dem Online-Schauplatz des Öffentlichen Beteiligungsprozesses findet eine außerordentlich rege und kontroverse Diskussion statt.
Von den eingereichten 66 Beiträgen wurden neun von der Jury ausgewählt, die in einer zweiten Runde weiterentwickelt werden sollen. Von diesen neun Beiträgen gehen vier vom Gesamterhalt und vier vom Teilerhalt des Stasikomplexes aus, nur ein Entwurf beseitigt den umstrittenen Bau planerisch in Gänze und erhält dafür mehrheitlich Lob auf dem Online-Schauplatz.
Um nun die Vielfalt aller kreativen Ideen für den Ort aufzuzeigen, möchten wir Sie bitten, jetzt die Veröffentlichung aller Beiträge zu veranlassen. Nur so kann es gelingen, ein komplettes Bild der vorentscheidenden ersten Stufe des Wettbewerbs entstehen zu lassen, die Intentionen und Beweggründe der Jury zu erhellen und einen demokratischen Meinungsaustausch im Rahmen der Bürgerbeteiligung zu führen.
Die Entwürfe sollten mindestens drei Tage vor der am 19. Oktober 2023 geplanten Veranstaltung der Bürgerbeteiligung öffentlich präsentiert und umgehend ins Netz gestellt werden.
Dies erst nach Abschluss des Verfahrens zu tun, hieße, den am laufenden Prozess beteiligten Bürgern interessante Aspekte vorzuenthalten und so den Disput einzuengen.
Angesichts des Vorhabens, am Matthäikirchhof ein Forum für Freiheit und Bürgerrechte einzurichten, sollte es selbstverständlich sein, das städtebauliche Wettbewerbsverfahren in größtmöglicher Transparenz und Offenheit durchzuführen.

Mit freundlichen Grüßen
ILA – Initiative Leipziger Architekten

Anmerkung und Nachtrag unsererseits (12.10.2023):

PRO LEIPZIG stimmt der im Offenen Brief formulierten Argumentation vollumfänglich zu und unterstützt das Begehren der Leipziger Architekten. Wir haben unsere Position (wie sie hier auf der Webseite bereits formuliert worden ist) noch einmal in einem eigenen Brief an den Oberbürgermeister dargelegt und ebenfalls um die Veröffentlichung der restlichen 57 Entwürfe gebeten. Dieser Brief gelangte an die Leipziger Volkszeitung und wurde dort auch besprochen. Wie das städtische Baudezernat der Zeitung mitteilte, lehnt es eine Veröffentlichung der anderen Beiträge aber ab, da eine nachträgliche Änderung der Regeln das Wettbewerbsverfahren rechtlich angreifbar machen würde. Zudem könnte eine derartige Menge an Entwürfen den Diskussionsprozess verunklaren und den Architekturbüros zusätzliche Kosten aufbürden.


Lothar Kurth liest

Aufgrund wiederholter Nachfragen präsentiert unser Vereinsmitglied Lothar Kurth erneut sein beliebtes Buch "Lindenau. Erlebnisse in Kinder- und Jugendtagen". Interessierte Leipzigerinnen und Leipziger können ihn an folgenden vier Terminen live erleben:

Mittwoch, 25. Oktober 2023 - 16.00 Uhr
AZURIT Seniorenzentrum Haus Immergrün
Ratzelstraße 103 - 04207 Leipzig

Freitag, 27. Oktober 2023, 16.00 Uhr
Seniorenhof Plagwitz
Walter-Heinze-Straße 20-24, 04229 Leipzig
(gegenüber dem Hinterausgang der Elster-Passage)


Donnerstag, 16. November 2023 - 16.00 Uhr
Stadtbezirksbibliothek Plagwitz
Zschochersche Straße 14 - 04229 Leipzig

Der Eintritt ist in allen Fällen kostenfrei. Es besteht die Möglichkeit, mit dem Autor ins Gespräch zu kommen und sich das eine oder andere Buchexemplar signieren zu lassen. PRO LEIPZIG wünscht viel Spaß!


Wettbewerb zur Matthäikirchhof-Neugestaltung: Neun Entwürfe stehen online


Die Stadt Leipzig präsentiert auf Ihrer Internetseite eine digitale Ausstellung von neun Entwürfen, anhand derer die Bürgerinnen und Bürger im 3D-Stadtmodell in die verschiedenen dargebotenen Perspektiven eintauchen können. Die Menschen sind eingeladen, an einer Umfrage teilzunehmen und ihre Anregungen in Kommentarspalten zu hinterlassen. PRO LEIPZIG ruft alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, sich daran zu beteiligen, damit man ihnen nicht zu einem Stadtbild verhilft, dass für Jahrzehnte innenstadtprägend sein wird und ihren Wünschen womöglich zuwiderläuft. Die online hinterlassenen Bewertungen und Hinweise sollen jedenfalls in den weiteren Planungsprozess einfließen. Zur Befragung geht es hier.

PRO LEIPZIG hat in der Vergangenheit mehrfach betont, dass der Verein - wie ein Großteil der Einwohnerschaft Leipzigs - den Abriss der monströsen Stasi-Plattenbauten von 1985 präferiert und das bisher abgeschottete Areal städtebaulich klug und weitsichtig neu strukturiert sehen möchte. Altstadtgerechte historische Baufluchten sollen ebenso angestrebt werden, wie die Erhaltung der aus den Grundstücksgrößen überkommenen Formate. Nun gibt es unter den vorausgewählten neun Entwürfen nur einen einzigen Beitrag, der den Komplett-Abriss der Stasi-Trutzburg gewagt hat. Der Entwurf des Büros Hinrichsmeyer + Partner aus Stuttgart bietet deshalb die unserer Meinung nach beste städtebauliche Lösung. Dort wird nicht nur der in der Bevölkerung ungeliebte Plattenbau abgeräumt, sondern auch ein neuer Platz konzipiert, der wirkliche Aufenthaltsqualität verspricht und solche nicht nur antäuscht. Die übrigen acht Entwürfe behalten die Stasi-Bauten gänzlich oder in Teilen bei, mitunter wird der Trutzburg-Charakter durch größere Blockbildung sogar noch verstärkt.

Das Argument der nachhaltigen Wiederverwendbarkeit von Baustoffen verfängt dabei nicht recht, da die Gebäude ja beim Umbau komplett entkernt werden müssen. Jeder der beteiligten Architekten weiß zudem, dass auch bei einem Totalrückbau Beton, Glas und Stahl recycelt und wiederverwendet werden können. Aber nicht nur deshalb wirkt das ökologische Argument vorgeschoben, sondern auch, weil es an anderen Stellen (z.B. Abriss der Brühl-Bebauung) komischerweise keine Rolle spielte.

Interessant wäre es zu erfahren, ob von den ursprünglich eingereichten 66 Entwürfen tatsächlich nur ein einziger den Komplettabriss der 1985er-Stasi-Bauten geplant hat. Leider ist das Procedere der Vorauswahl recht intransparent und wir wissen nicht, was die Entscheider bewogen hat, eine Vorauswahl acht gegen eins zu tätigen, die doch irgendwie tendenziös wirkt. PRO LEIPZIG regt an, dass auch die übrigen 57 Entwürfe der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, damit sich die Bürgerinnen und Bürger ein komplettes Bild machen können. Wenn man schon darauf verzichtet, eine wirklich repräsentative Umfrage unter den Leipzigerinnen und Leipzigern durchzuführen, ob sie für oder gegen einen Abriss der Stasi-Bauten sind, dann stünde es den Verantwortlichen gut zu Gesicht, wenigstens alle Entscheidungsprozesse der semi-öffentlichen Bürgerbeteiligung transparent zu machen. Dies hilft Misstrauen abzubauen und Verschwörungserzählungen vorzubeugen. Bei der geplanten Hofschau am 19. Oktober 2023, wo am Museum der bildenden Künste die neun Entwürfe präsentiert und diskutiert werden, könnte man ja auch die von der Jury nicht berücksichtigten Beiträge zur Einsicht für die Öffentlichkeit mit auslegen.

Also, liebe Leser, nutzen bitte Sie die Möglichkeit, Ihre Meinung auf der Webseite der Stadt kundzutun. Viel Zeit bleibt nicht, die knappe Frist dafür endet bereits am 1. Oktober 2023.


Kraftwerksbesuch im Rahmen der Tage der Industriekultur

Vom 28. August bis 3. September 2023 finden an verschiedenen Orten in und um Leipzig die 11. Tage der Industriekultur Leipzig statt. Das Industrie|Kultur|Festival #8 zeigt an sieben Tagen und neun Standorten die enge Verbindung von industriekulturellem Erbe, künstlerisch-kreativer Nutzung und zukunftsfähiger Industrie. Als Besucher treffen Sie auf dem Festival allseits bekannte Unternehmen, können aber auch kleine und unbekannte Orte entdecken. Das Festival-Programm finden Sie hier.
Das bewährte Format der »Tage der Industriekultur« mit den speziellen Führungen der Route »Offenes Werktor« ist in das erweiterte Festivalprogramm eingebettet. Sie können eine Woche lang verschiedene Veranstaltungen, »Lost Places«, Museen oder Unternehmen besuchen. Dazu gehören auch bewährte Hotspots in Sachsen-Anhalt und Thüringen, denn Leipzigs Industriekultur ist Teil der Region Mitteldeutschland
. Was alles geboten wird, finden Sie hier.




Im Rahmen der Tage der Industriekultur öffnet unter anderem auch das Kraftwerk Lippendorf seine Türen für Besucher, wofür die RundumLeipzig - Mai-RegioTour für den 31. August und 1. September 2023 je drei Führungen im LEAG Kraftwerk Lippendorf anbietet. Die Tickets kosten 15 Euro pro Person und sind hier erhältlich.
Die Führungen dauern rund zwei Stunden und werden von Fachleuten des Kraftwerkes gestaltet. Besucher und Gruppen können so das LEAG Kraftwerk komplex kennenlernen. Wenn es das Wetter zulässt, kann man auch einen Ausblick vom 163 Meter hohen Kesselhaus wagen. Treffpunkt für die Führungen ist das Kommunikationszentrum, wo es nach der Begrüßung, dem Rundgang und den Sicherheitsinformationen ins Werksgelände geht. Einen Helm gibt's an der Garderobe. Feste Schuhe sind Pflicht und eine Teilnahme ist nur mit vorheriger Buchung möglich. PRO LEIPZIG wünscht viel Spaß!


Dabei sein ist alles: PRO LEIPZIG beim Könneritzstraßenfest

Die Arbeiten an den neuen Pro-Leipzig-Publikationen gehen voran: Das großformatige, 450 Seiten starke, Buch "Leipzig im Aufbau" von Thomas Hoscislawski ist gesetzt und druckreif. Es geht um die Grundzüge der städtebaulichen Entwicklung Leipzigs 1945 - 1990. Eine fachlich ungemein versierte und fleißige Arbeit! Dafür hat unser Layouter Thomas Nabert an die 600 Bilder eingearbeitet, verortet und mit betextet.

Nicht viel weniger Umfang wird das Buch "Wasser, Wald und Menschen" zur Geschichte der Leipziger Elster-Luppe-Aue haben, dessen Manuskript der Autor Michael Liebmann nunmehr abgeschlossen hat. Auch hier folgen jetzt Bildersuche, Lizenzdiskussionen und Layout.

Ebenfalls druckreif ist das kleine Bändchen "Ouvertüre zur Völkerschlacht", in welchem sich Reinhard Münch, Thomas Nabert u.a. Autoren mit dem Reitergefecht bei Liebertwolkwitz am 14. Oktober 1913 beschäftigen, das als eine der größten Reiterschlachten der Weltgeschichte gilt.

Für alle drei Bücher konnte PRO LEIPZIG Zuschüsse zu den Druckkosten einwerben. Aber ganz durchfinanziert ist die Herstellung natürlich nie. Insofern gilt es auch immer, mit Verkäufen älterer Publikationen die Finanzierung des Vereinsbüros und neuer Bücher sicherzustellen. Insofern dient die Teilnahme von Pro-Leipzig-Mitgliedern bei Straßenfesten nicht nur der Präsentation unserer Vereinsarbeit, sondern auch dem Zweck, diesbezüglich ein paar Euro einzunehmen.




Dieses Jahr fand nun - nach coronabedingter Unterbrechung - wieder einmal das beliebte Könneritzstraßenfest ("Kö-Fest") statt.

Am 17. Juni, einem sonnigen Samstag, machten sich wieder tausende Leipziger nach Schleußig auf, um dort an den Ständen vorbeizuschlendern, sich leiblich zu laben und der einen oder anderen Darbietung beizuwohnen.

PRO LEIPZIG baute seinen Büchertisch in einem lauschigen Hinterhof auf, dessen Bewohner als Teil des Kö-Festes einiges auf die Beine gestellt hatten. Der grüne Hof war gut besucht, aber Bücher waren bei den zumeist jungen Besuchern leider nicht so gefragt an diesem heißen Sommertag. Nichtsdestotrotz kamen unsere Vereinsmitglieder Martin Malangeri und Michael Liebmann mit vielen Leipzigern ins Gespräch, konnten Buchinhalte und Probleme der Stadtentwicklung diskutieren. Dem selbstgestellten Bildungsauftrag ist der Verein also verbal gerecht geworden.

Insgesamt war die Stimmung sehr angenehm und entspannt. Hoffen wir, dass das Kö-Fest nun wieder jährlich stattfinden wird!

Bestes Wetter und gute Stimmung bei den Straßenfesten im Mai

Das Frühlingsfest im Hof des Hauses der Demokratie am 12. Mai 2023 war ein rundum gelungener Nachmittag. Für PRO LEIPZIG betreuten Konstanze Göbel und Peter Helbig einen Büchertisch, fanden aber auch Zeit, die Aktivitäten und Präsentationen rundum zu genießen.

Auch das 30. Connewitzer Straßenfest am 14. Mai 2023 war ein voller Erfolg. Tausende Besucher flanierten bei bestem Wetter zu den Ständen, erfreuten sich an dem Dargebotenen, informierten sich bei Vereinen und Initiativen, erwarben die eine oder andere Kleinigkeit, labten sich bei Speis und Trank und genossen das Kulturprogramm. Das Interesse an der Arbeit unseres Vereins war enorm und auch die Nachfrage nach unseren Publikationen. Wir bedanken uns für die vielen freundlichen Gespräche und die positive Rückmeldung!

Zu den beliebtesten Events beim Straßenfest gehört traditionell die Kaffeetüten-Modenschau
Martin Malangeri, Lothar Kurth und Michael Liebmann präsentierten unseren Verein beim Connewitzer Straßenfest


 



Danksagung

Die Leipziger Buchmesse 2023 ist nun vorüber und wir möchten unseren Leserinnen und Lesern sowie allen an der Arbeit von PRO LEIPZIG Interessierten recht herzlich danken. Nicht nur die Nachfrage nach unseren Publikationen war groß. Wir haben auch viel Lob und ein gutes Feedback für unsere ehrenamtliche Arbeit bekommen. Das spornt an, weiterzumachen! Zudem haben wir viele spannende Gespräche führen und interessante Leute kennenlernen dürfen. Das hat Spaß gemacht.

Auch die Lesungen von Lothar Kurth zu seinen Lindenau-Erinnerungen, die parallel zur Buchmesse stattfanden, wurden gut angenommen. Wer in die Veranstaltung im Lixer-Demokratieladen gern mal hineinschauen möchte, der sei auf diesen Link verwiesen:

https://www.youtube.com/watch?v=eQeBds4Uk9I




Ein Hoffest und ein Straßenfest in Connewitz feiern Jubiläen

Das Haus der Demokratie feiert in diesem Jahr das 120-jährige Bestehen des Gebäudes mit der Nummer 152, in dem es residiert. Es wurde am 11. Mai 1903 als Städtisches Waisenhaus eröffnet und hat seitdem eine wechselvolle Geschichte durchlebt. Das Jubiläum wird mit Führungen zur Historie des Haues gewürdigt.

Es ist aber auch Anlass für ein geselliges Frühlingsfest, zu dem der Haus der Demokratie e.V. die anderen Vereine und Mieter des Gebäudes sowie alle Nachbarn aus dem Stadtteil am Freitag, den 12. Mai 2023, 15-18 Uhr, in die Bernhard-Göring-Straße 152 einlädt. Einige Überrschungsaktionen sind angekündigt und natürlich gibt es Kaffee, Kuchen und mehr.

PRO LEIPZIG wird mit seinem Büchertisch dabeisein.


Das zweite Jubiiläum ist auf andere Art historisch. In diesem Jahr findet das legendäre Connewitzer Straßenfest zum 30. Mal statt! Am 14. Mai 2023 werden die Selneckerstraße und das Umfeld der Paul-Gerhardt-Kirche wieder ausgiebig bespielt werden: Vereine, Initiativen, kirchliche Vereine und Gemeinden sowie viele recht unterschiedliche Aktionsgruppen präsentieren sich - und natürlich auch PRO LEIPZIG mit einem Stand. Daneben gibt es Speis und Trank für jeden Geschmack und etliche Attraktionen auf der Bühne und drumherum. Seit Jahren zieht das Straßenfest nicht nur die Stadtteilbewohner an, sondern wegen der tollen Stimmung auch Besucherinnen und Besucher aus ganz Leipzig und darüber hinaus.

Möge das Wetter beiden Veranstaltungen gewogen sein!





Rückblende. Rund um Bennewitz 1978

Wer demnächst einmal in Wurzen vorbeikommt oder dort wohnt, dem sei eine Foto-Ausstellung empfohlen, die unser Mitglied Harald Kirschner in Zusammenarbeit mit dem dortigen Kulturhistorischen Museum auf die Beine gestellt hat. Harald Kirschner präsentiert seine unnachahmlich eindrucksvollen Alltagsfotografien aus dem Jahr 1978 in der Städtischen Galerie am Wurzner Markt. Der ländliche Raum längst vergangener Zeiten wird in diesen Bildern wieder lebendig. Vielleicht lohnt ja ein Ausflug nach Wurzen gerade wegen der Vernissage am 6. Mai! Danach sind die Fotografien noch bis 24. Juni 2023 zu sehen.


 

 



Lothar Kurth liest aus seinen Lindenau-Erinnerungen

Im Rahmen der Veranstaltungsreihen "Tabor-Stammtisch" und "Linxx liest" präsentiert unser Vereinsmitglied Lothar Kurth sein Buch "Lindenau. Erlebnisse in Kinder- und Jugendtagen" an folgenden zwei Terminen in Kleinzschocher:

27. April 2023, 19 Uhr, im Gemeindehaus der Taborkirchgemeinde (Windorfer Straße 45a)

29. April 2023, 15 Uhr, im Demokratieladen "Lixer" (Pörstner Straße 9)

Alle Interessentinnen und Interessenten sind herzlich eingeladen!


Pro Leipzig auf der Leipziger Buchmesse

Nach viel zu langer Pause findet dieses Jahr endlich wieder die Leipziger Buchmesse statt!

Von Donnerstag, den 27. April bis Sonntag, den 30. April 2013 können die Leserinnen und Leser wieder in Massen auf die Neue Messe strömen, um dort die aktuellen Veröffentlichungen der Verlage kennenzulernen und käuflich zu erwerben. Und natürlich möchten viele ihren Lieblingsautoren oder ihre Lieblingsschriftstellerin sehen und der einen oder anderen Lesung lauschen. Auch PRO LEIPZIG ist auf der Buchmesse wieder mit dabei und präsentiert seine Publikationen.

Sie finden uns in Halle 5, am Stand E226.

Wir hoffen darauf, Sie dort begrüßen zu dürfen und freuen uns schon sehr auf anregende Gespräche!

 



Programmtipp

PRO LEIPZIG empfiehlt den Besuch der Ausstellung "HerrenGedeck" in der Galerie Koenitz am Dittrichring! Zur Vernissage am 16. Februar 2023 können Sie unser Vereinsmitglied Detlef Lieffertz beim Künstlergespräch live erleben:




Festtagsgrüße

 


Liebe Mitglieder und Freunde von PRO LEIPZIG,

wir wünschen Ihnen schöne und besinnliche Weihnachtsfeiertage und einen guten Start ins neue Jahr! Möge es ein friedliches und erfolgreiches für uns alle sein!

Unsere Büromitarbeiter haben sich eine Woche Urlaub redlich verdient, weswegen es in unseren Räumlichkeiten im Haus der Demokratie vom 23.12.22 an bis Neujahr keinen Publikumsverkehr geben wird.

Am Dienstag, den 3. Januar 2023, sind wir dann wieder wie gewohnt für Sie da.

Bis dahin, alles Gute!



Buchpräsentation im Gemeindesaal der Bethanienkirche

Am 30. November 2022 fand im Gemeindesaal der Schleußiger Bethanienkirche die öffentliche Vorstellung unserer neuen Ansichtskartenbände "Plagwitz" und "Schleußig" statt.

Etwa 40 Besucher fanden den Weg in die Stieglitzstraße und hörten interessiert auf den historischen Vortrag eines der Autoren, Thomas Nabert. Mitautor Peter Helbig kümmerte sich um die Technik, Vereinsmitglied Lothar Kurth um den Büchertisch.

Die meisten Besucher waren durch Rezensionen in der Leipziger Zeitung (hier und hier) sowie in der Leipziger Volkszeitung (hier und hier) zum Besuch der Veranstaltung animiert worden. Für die freundliche Besprechung der Publikationen bedankt sich der Verein recht herzlich bei den verantwortlichen Journalisten!

Nach der Präsentation entwickelten sich im Gemeindesaal zwischen den Buchgestaltern und Gästen bei Wein und Bier noch anregende Gespräche. Alles in allem ein sehr gelungener Abend!




PRO LEIPZIG trauert um Thomas Steinert

Der PRO LEIPZIG e. V. trauert um seinen langjährigen Mitarbeiter, den Diplomfotografen Thomas Steinert (geb. 15. März 1949, gest. 26. Oktober 2022). Steinert arbeitete zwischen 2007 und 2010 für unseren Verein und fertigte mehrere hundert Fotografien für Sachbücher, Kalender und städtebauliche Studien an. Bei PRO LEIPZIG erschien 2010 sein Buch „Dionysos war hier. Ernst Ortlepp 1800–1864. Des Dichters Leben und Werk in Wort und Bild“. Zuvor hatte er 2006 im Lehmstedt-Verlag das Buch „Connewitzer Welttheater. Fotografien 1969–1994“ veröffentlicht. 2011 erschien im Mitteldeutschen Verlag „Sehenden Auges. Fotografie aus Leipzig 1969–1996“. Seine letzte Veröffentlichung ist wohl ein Bildbeitrag in dem 2021 erschienenen Katalog zur Ausstellung im Nietzsche-Dokumentationszentrum Naumburg unter dem Titel „Alle verschwiegenen Wahrheiten werden giftig. Friedrich Nietzsche in der DDR der 80er Jahre“.

Auf Nietzsches Spuren hatte er sich nach der Wende verstärkt für ein großes Foto-Projekt begeben, lief dessen Wanderrouten ab und dokumentierte seine Reisen ins Ausland. Doch dieses umfassende Konvolut an Bildern blieb weitestgehend unveröffentlicht – wie die meisten seiner Aufnahmen –, auch und gerade zum DDR-Alltag. Letztere beschrieb Katja Iken 2008 treffend in der Spiegel-Geschichte „DDR-Fotograf Thomas Steinert. Schaurig-schön in den Untergang“: „Komponiert hat der Fotograf seine Bilder nur selten. Er wanderte durch Leipzig, sog in sich auf, was um ihn herum passierte und hielt dann und wann seine alte ‚Pentacon six’ drauf. Kassiererinnen im Reinigungsbad, Bauarbeiter bei der Mittagspause, Senioren beim sonntäglichen Tanztee: Ohne es zu beabsichtigen, hat Thomas Steinert ein Gesellschaftstableau der DDR geschaffen, wie es subtiler, nachdenklicher und unmittelbarer kaum sein könnte.“

Im gleichen Beitrag sagte Steinert selbst rückblickend: „Meine Aufnahmen wollte niemand aufhängen, sie galten nicht als Kunst.“ Und weiter Katja Iken: „Denn auch wenn sie nicht als Regimekritik gemeint waren, bedrohte ihre deprimierende Bildsprache das System doch in seinen Grundfesten. Grau, trüb und ausweglos wirken seine Fotos, rührend in ihrer ärmlichen Anmut die abgelichteten Personen.“ „Ich habe immer nur das Naheliegende fotografiert", sagt Steinert, „stets das Alltägliche, nie das Staatstragende.“
Steinert wurde in Burgstädt geboren, 1965 bis 1968 absolvierte er eine Lehre als Metallhüttenfacharbeiter mit Abitur in Freiberg. Von 1972 bis 1977 erfolgte sein Fotografiestudium (Diplom) an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Danach war er u.a. als freier Fotograf tätig. Wir behalten den besonderen Menschen und die angenehme und ertragreiche Zusammenarbeit mit ihm gern in Erinnerung.


Geschenkideen für Weihnachten!

Weihnachten steht vor der Tür und viele Menschen suchen nach Geschenken für Ihre Lieben. Wenn Sie Familienangehörige, Freunde oder Bekannte haben, die sich für das historische Stadtbild Leipzigs interessieren, dann können Sie mit folgenden Präsenten sicherlich große Freude bereiten:


Unser Vereinsmitglied Karl Detlef Mai hat aus dem reichhaltigen Fundus des Fotoarchivs Karl Heinz Mai wieder einmal tolle Motive herausgesucht und einen schönen Jahreskalender 2023 zusammengestellt: dreizehn Alltagsbilder, die für ein lebendiges Leipzig in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts stehen. Sie zeigen Schlittschuhläufer, Passanten, Messegäste, das Messegelände, den Aufbau der Stadt, Handel, Gastronomie und Straßenverkehr sowie den Weihnachtsmarkt. Jedes Bild erzählt eine Geschichte, weckt Erinnerungen, schafft Neugier und lässt Generationen zusammenrücken. Der mittlerweile fünfte Kalender ist im A4-Format wieder für 19,90 € und nun auch im A3-Format für 29,90 € erhältlich. Sie können ihn über PRO LEIPZIG bestellen (senden Sie uns einfach eine Mail) oder direkt auf der Webseite https://www.fotothek-mai.de/schaufenster-shop/.

Spannende historische Stadtansichten präsentieren auch unsere neu bei PRO LEIPZIG erschienenen Ansichtskartenbände zu Plagwitz, Schleußig und Böhlen. Nähere Informationen dazu finden Sie unter "Publikationen". Käuflich erwerben können Sie die Bücher in jedem gut sortierten Leipziger Buchladen oder direkt in unserem Webshop. Viel Spaß damit!





Das Blockhaus in der gleichnamigen Kleingartenanlage in Kleinzschocher

Außenansicht des Blockhauses im Frühjahr 2018, © Lothar Kurth

Die Stadt Leipzig würdigte in diesem Jahr ausgiebig die 125. Wiederkehr der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) von 1897. Auf dem 400.000 m² großen Areal entlang der heutigen Anton-Bruckner-Allee als Mittelachse und zu beiden Seiten des heutigen Elsterflutbetts entstanden für sechs Monate neun Ausstellungshallen, zehn Pavillons sowie u.a. auch ein Kneipen- und Vergnügungsviertel. Eines dieser temporären Gebäude, eine von der Brauerei F. A. Ulrich GmbH errichtete gastronomische Einrichtung im Blockhausstil, überdauerte die STIGA um drei Jahre und diente als Kantine und Wetterschutz (Standort: heutiges AOK-Sportzentrum).
Die Brauerei bot dem „Westvorstädtischen Schreberverein Leipzig-Kleinzschocher“ das Bauwerk als Vereinsheim zum Kauf an. Der 1894 gegründete Kleingärtnerverein (KGV) hatte städtisches Areal gepachtet, das er für den Bau des heutigen Johannes-Kepler-Gymnasiums jedoch fünf Jahre später räumen musste. Dem Vereinsvorstand gelang es, von der Taborkirchgemeinde in Kleinzschocher Land für eine neue Anlage pachten zu können.
Die Finanzierung der Umsetzung des Blockhauses auf das neue Gelände an der Diezmannstraße erfolgte 1901 auf Veranlassung der Brauerei F. A. Ulrich (Kosten: 20.000 RM) mit der Verpflichtung, dort nur Getränke dieser Brauerei auszuschenken. Das Blockhaus, mit einem großen und einem kleinen Gaststättenraum sowie einer Küche mit Bierkeller im Erdgeschoss und einer Wirtswohnung im Obergeschoss, wurde zum Mittelpunkt des Vereinslebens.



Durch die Zwangsversteigerung einer angrenzenden Fläche von 9.600 m², die die Brauerei F. A. Ulrich 1932 erwarb und dem KGV zur Pachtung mit der Option des Kaufes bis 1942 anbot, vergrößerte sich das Terrain der Kleingartenanlage. 1934 benannte man den Verein nach seinem Wahrzeichen um in KGV „Blockhaus“ e.V. Jahrzehnte lang war es Dreh- und Angelpunkt für die Kleingärtner und die Bevölkerung Kleinzschochers, besonders die der naheliegenden „Meyerschen Häuser“. Viele Einheimische verbinden damit noch heute wunderbare Erinnerungen an festliche Anlässe und private Feierlichkeiten. Leider musste der Gaststättenbetrieb 1987 eingestellt werden. Mit einem bautechnischen Gutachten, einem holzschutztechnischen Untersuchungsbericht und einer Kostenzusammenstellung Ende der 1980er Jahre war geplant, dass eine Bewirtschaftung unter der Regie des „Konsum“ in den 1990er Jahren wieder möglich werden würde.

Die Innenräume im Juni 2022, © Lothar Kurth

Das Blockhaus ist neben dem gusseisernen Musikpavillon im Palmengarten das einzige noch existierende Relikt der STIGA in Leipzig. Zu einer Wiederinstandsetzung des Baudenkmals kam es seit der politischen Wiedervereinigung jedoch nicht.

Auf Grund uneindeutiger Besitzverhältnisse gibt es bisher keine Einigung zwischen Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e.V. und der Stadtverwaltung zum weiteren Verfahren mit dem Blockhaus. Nach über 30 Jahren Leerstand ist dieses jedoch in einem sehr desolaten Zustand, so dass bei fortschreitender Zeit leider mit dem Abriss statt mit einer Renovierung gerechnet werden muss.
Inzwischen hat der Vorstand Absperrungen um das Blockhaus eingerichtet, dessen Zukunft zum jetzigen Zeitpunkt noch in den Sternen steht.

Mehr Informationen unter: stiga-leipzig.de

Lothar Kurth


Nachträge betr. Transparenzgebot: 1.) Eine frühere Version des Textes endete mit der sinngemäßen Aussage, dass der Abriss des Gebäudes nur mehr eine Frage der Zeit sei. Diese Äußerung hat der Autor zurückgenommen, weil ihm signalisiert wurde, dass mittlerweile Bewegung in die Sache komme. Und das wäre ja schön! Im konstruktiven Gespräch zu bleiben ist immer gut. 2.) Ein Leser hat zurecht darauf aufmerksam gemacht, dass der STIGA-Pavillon im Palmengarten steht und letzterer nicht zum Clara-Zetkin-Park gehöre. Wir haben das im Text entsprechend präzisiert.


PRO LEIPZIG beim Frühlingsfest im Haus der Demokratie und auf dem Connewitzer Straßenfest

Der Bürgerverein PRO LEIPZIG wird sich im Mai auf zwei öffentlichen Veranstaltungen mit einem eigenen Stand präsentieren und freut sich sehr, nach ewig langer Zeit mal wieder mit einem größeren Publikum in Kontakt treten zu können. Vielleicht kommen dorthin ja auch potentielle neue Vereinsmitglieder, um sich über unsere ehrenamtliche Arbeit zu informieren?

Das Haus der Demokratie bewirbt die erste der beiden Veranstaltungen folgendermaßen:

"Großes Frühlingsfest im Hof Haus der Demokratie... ... mit vielen Vereinen, Kaffee und Kuchen, Gegrilltem, Live-Musik und hoffentlich viel Sonnenschein
Abschlussveranstaltung ab 19 Uhr: Stadtratsupdate Live mit Martin und Jürgen: 'Was soll schon schief gehen?'
Ein bisschen Gossip aus dem Leipziger Stadtrat gefällig? Jürgen Kasek und Martin Meißner - beide Stadträte - nehmen uns mit in das, was regelmäßig in den heiligen politischen Hallen passiert. Welcher Ratsherr oder welche Ratsfrau hat das meiste Essen dabei? Was erwartet Leipzig in den kommenden Wochen Spektakuläres? Und warum nur - WARUM? - treffen wir uns an einem Freitag, den 13.?"

Die Kirchgemeinden des Leipziger Südens werben derweil mit folgenden Worten:

"Wir laden herzlich ein zum 29. Straßenfest am Connewitzer Kreuz unter dem Thema ,Brücken bauen'. Am 22. Mai 2022 erwarten Sie – hoffentlich wie gewohnt – ein buntes Programm, zahlreiche Stände aller Couleur, eine wunderbare Stimmung und gutes Wetter."

Also dann, vielleicht sieht man sich am 13. Mai 2022, 14-18 Uhr, oder am 22. Mai 2022, 11-18 Uhr, in Connewitz. Wir würden uns freuen!



Kein Denkmalschutz für die 80er-Jahre-Plattenbauten auf dem Matthäikirchhof


Quelle: Bettenburg/Wikipedia

Wie die Leipziger Zeitung und die Leipziger Volkszeitung am heutigen 3. Mai 2022 vermelden, hat das Sächsische Landesamt für Denkmalschutz bekannt gegeben, dass die in den 1980er Jahren errichteten Plattenbauten des Staatssicherheitskomplexes nun doch nicht unter Denkmalschutz gestellt werden. In der Vergangenheit war eine solche Unterschutzstellung von Befürwortern des Gebäude-Erhalts wiederholt angemahnt und gegenüber der Öffentlichkeit auch als erwartbar dargestellt worden - um damit einen Abriss des Gebäudetraktes zu verhindern. PRO LEIPZIG hatte sich derweil gegen einen Erhalt oder Teilerhalt ausgesprochen, um allen Akteuren größtmögliche gestalterische Freiheit bei der Planung des neuen Innenstadt-Areals zu geben. Wir fragen hier nicht, warum es so lange gedauert hat (fast ein Jahr länger als ursprünglich angekündigt), bis diese Entscheidung des Landesamtes für Denkmalschutz getroffen wurde. Unerheblich war diese Verzögerung aber nicht, denn eine offen im Raum stehende Unterschutzstellung musste in den Debatten der vier Fachwerkstätten stets mitbedacht werden und hat diese ganz sicher auch beeinflusst. Nun denn.

Als Ergebnis der Matthäikirchhof-Fachwerkstätten wird nun die Präferenz eines "Teilerhalts" präsentiert werden - und zwar auf einem Gesprächsabend mit Oberbürgermeister Jung und Baubürgermeister Dienberg, am 12. Mai 2022, 18 Uhr im Kupfersaal (Kupfergasse 2). Das "Matthäikirchhof-Forum" ist von jedermann besuchbar und auch als Stream anzuschauen auf der dafür vorgesehenen Webseite der Stadt.

Die Teilnehmer an den Fachwerkstätten haben einen "Matthäikirchhof-Code" formuliert, der die Ergebnisse ihrer Workshops und alle anderen Bürgerbeiträge zusammenfasst. Der "Code" soll auf dem Forum vorgestellt werden und anschließend als Orientierungsgrundlage für die Architektenentwürfe dienen. Einsehbar ist er hier.

PRO LEIPZIG wird am 12. Mai auf dem Forum präsent sein und das dortige Meinungsspektrum erweitern.


Ein neues Buch von Bernd Sikora: "Walter Gropius. Ein Spaziergang mit dem Bauhausdirektor"

Im Jahr 2019 wurde das einhundertjährige Bestehen des BAUHAUSES gefeiert. Walter Gropius, der Gründer dieser Kunstschule, die als die bedeutendste im 20. Jahrhundert gilt, wurde dabei in den Medien gefeiert, allerdings auch von einigen nachbetrachtenden Autorinnen und Autoren in seinem Rang als Architekt angezweifelt. Als Bernd Sikora 2019 den Auftrag erhielt, durch Texte und Bilder interessierten Lesern Leben und Werk von Walter Gropius in einem Buch zu vermitteln, hat er sich nicht auf den aktuellen Meinungsstreit eingelassen. Aus seinem über viele Jahre entstandenen positiven Bild vom BAUHAUS und aus vielen ihm verfügbaren historischen Dokumenten formte er reale und gedankliche Spaziergänge von Walter Gropius mit Freunden und Kollegen wie Lyonel Feininger und Gerhard Marcks sowie seinen beiden Ehefrauen Alma Mahler und nachfolgend Ise, geb. Frank. Sie debattieren dabei über Kunst, Handwerk und Technik in den politisch und wirtschaftlich wirren Jahren der Bauhauszeit in Weimar und Dessau. Zukunftsvisionen, gestalterische Leitbilder und Überlebensstrategien des Bauhausdirektors werden dabei erkennbar. Ebenso die vielstimmigen Angriffe gegen die Bauhausschule und ihren Gründer, die 1933 zur Schließung der Schule führten und viele der Lehrer und Schüler ins Exil trieben. Die Bauhaus-Zeit vom Walter Gropius am Bauhaus ist eingebettet in die seiner frühen Jahre in Berlin und die seines Spätwerkes in den USA und Deutschland.
Das Buch erschien im März 2022 als Abschluss der Bauhaus-Reihe des Verlagshauses am Römerweg Wiesbaden zum Ladenpreis von 19,90 EUR.
PRO LEIPZIG empfiehlt diese Publikation ausdrücklich und möchte interessierten Käufern signierte Bücher unseres Vereinsehrenmitglieds Bernd Sikora vermitteln. Schreiben Sie uns eine Mail!


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In der Frühjahrsausgabe 2022 der "Leipziger Blätter" sind zwei interessante Artikel unseres Vereinsmitglieds Heinz-Jürgen Böhme zum Thema Matthäikirchhof erschienen, deren Lektüre den Leserinnen und Lesern hiermit nachdrücklich ans Herz gelegt wird. Ein dritter eingereichter Beitrag kam leider nicht mehr ins Heft, weshalb ihm an dieser Stelle die verdiente Öffentlichkeit zuteilwerden soll:





















Seit der Hitzekatastrophe von 2018 siecht der vordere Rosentalteich vor sich hin. Zwar ist er mittlerweile als solcher wieder erkennbar, seine Anmutung ist jedoch ungepflegt, der Wasserstand zu niedrig und zu instabil. Als Ursache wurde der klimabedingte Teufelskreis aus Temperaturanstieg, zu geringen Niederschlägen und zu weit abgesunkenem Grundwasserspiegel ausgemacht.

Nur wenige Meter weiter, im Zoo, zeigt sich eine völlig andere Situation: Hier beeinträchtigt der Klimawandel die Planung nicht; Wassermangel jedenfalls scheint im Hinblick auf die Feuerland-Inszenierung, einschließlich Wellenanlage und begehbarem Unterwassertunnel, keine Rolle zu spielen. Apropos, vier Pumpen arbeiten auf der Rosentalwiese einzig für den Bedarf des Zoos – mit wasserrechtlicher Genehmigung und mit Entnahmemengen innerhalb der erlaubten Grundwassernutzung, wie die Verwaltung vorsorglich betont. Naheliegende Überlegungen zugunsten des Teichs blockt das Amt für Stadtgrün und Gewässer ab: „Eine Nutzung der Zoobewässerung zur Befüllung des Rosentalteiches ist nicht möglich, da diese bereits für den Zoo selbst sehr knapp bemessen ist und kein Wasser zusätzlich abgegeben werden kann.“ Auch die Einrichtung eines neuen Brunnens im Teichumfeld sei abzulehnen, da dies unweigerlich dazu führe, daß die hier bereits bestehenden Defizite im Grundwasserhaushalt noch weiter erhöht würden. Der prestigeträchtige Zoo hat oberste Priorität, sein Bedarf wird offenbar diskussionslos anerkannt und umgehend abgesichert. Der Vorsitzende des Bürgervereins Waldstraßenviertel e. V., Jörg Wildermuth, wollte es genauer wissen: „Wie viel Grundwasser entzieht der Zoo eigentlich insgesamt dem Rosental als Brauchwasser? Die Antwort darauf wird uns unverständlicherweise bis heute mit Hinweis auf den Datenschutz verweigert. [...] Angesichts des, auch mit der Trockenheit zusammenhängenden, Baumsterbens im Rosental wäre das aber eine wichtige Information. Mal sehen, ob zumindest die Stadträte diese Zahlen erhalten.“

Der Teich wiederum, so behauptet das besagte Amt, sei „wichtiger Teil des unter Denkmalschutz stehenden vorderen Rosentals“. Bekanntermaßen ist jedoch nicht der stets wohlklingende theoretische Status entscheidend, sondern allein die durch Taten belegte Wertschätzung, und die ernüchtert: „Kurzfristige Rettungsmaßnahmen sind nicht vorgesehen.“ Die Verwaltung hatte sich bereits früher einen schlanken Fuß gemacht mit der pauschalen Ansage, daß man bei trockengefallenen Teichen ausschließlich auf natürliche Befüllung durch Grund- und Regenwasser setzt. Indessen hatten vielerorts Vereine und Initiativen, quasi als Ersthelfer, die Sache selbst in die Hand genommen. Schon im Juli des Dürresommers 2018, als die Lage prekär wurde, kescherten Mitglieder des Anglerverbands die letzten Fische aus dem Rosentalteich und kurz darauf gelang es der Familie Wiese noch zehn lebende Exemplare der bis zu 20 Zentimeter langen, unter Naturschutz stehenden Großen Teichmuschel aus dem Schlamm zu bergen. Im Dezember 2018 rettete ein Bündnis aus Anglerverband, Freiwilliger Feuerwehr Mölkau und Bürgerverein Sellerhausen-Stünz den Teich im Volkshain Stünz über eine 800 Meter lange Schlauchleitung mit Wasser aus einer Baugrube. Auch der Stadtbezirksbeirat Mitte fand sich mit der propagierten Passivvariante nicht ab und brachte 2021 einen Beschlußantrag in die Ratsversammlung ein: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, ein Konzept zum Erhalt des Vorderen Rosentalteichs in seiner gestalterischen und ästhetischen Funktion bis zum II. Quartal 2022 vorzulegen.“ Abgesehen vom fehlenden Verweis auf die ökologische Funktion ist der Antrag absolut begrüßenswert. Aber warum muß dem zuständigen Amt erst per Stadtratsbeschluß auf die Sprünge geholfen werden? Dessen Bewertung mehrerer Varianten zur Stabilisierung des Wasserstands blieb „leider ohne positive Ergebnisse“. Die Parthe sei zu schwach in der Wasserführung und zu verschmutzt. Das Grundwasser des Rosentals ist, wie gesagt, dem Zoo vor behalten. Schließlich vertröstete man auf den Pleißemühl-graben, allerdings mit der ernüchternden Einschränkung, daß diese Option erst geprüft werde, nachdem dessen Öffnung beschlossen ist.



In puncto Ratsbeschluß sah sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu einem Änderungsantrag veranlaßt:
„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, bis zum II-Quartal 2022, soweit vorhanden, Schäden an der Teichsohle zu beseitigen. Weiterhin soll eine Tafel am Teich aufgestellt werden, die die Geschichte der Rosentalwiese erläutert und verdeutlicht, daß der Teich der Rosentalwiese aufgrund der Prozesse des Klimawandels trocken-gefallen ist und kein dauerhaftes Wasser führt.“ Trotz semantischer Schnitzer fand das geänderte Ziel mehrheitlich Akzeptanz. Die finale Abstimmung ergab fast ein Patt: 21 Stimmen dafür, 19 Stimmen dagegen und 19 Enthaltungen. Anstelle eines Erhaltungskonzepts etwas Flickwerk und ein tolles, bald zugespraytes Erklär-Schild – welch ein kraftvolles, zukunftweisendes Bekenntnis. Die Beseitigung des störenden Betonblocks in der Teichmitte wurde übrigens nicht thematisiert, da das wohl auf eine Grundsanierung des Teiches hinausliefe, die offenbar niemand für nötig hält. Auch als im Oktober 2021 pikanterweise die Baugrube der „Wasserwelt“ abzusaufen drohte, fand sich keiner, der bereit war, aus der Not des Zoos eine Hilfe für den Teich werden zu lassen.
Nein, es darf nicht dem Zufall überlassen werden, ob das Element Wasser dieser Landschaft erhalten bleibt. Der vordere Teich gehört, ebenso wie der hintere, leider nicht minder gefährdete, gleichsam zum unverzichtbaren natürlichen Grundinventar des Rosentals. Wer hier jemals im Frühling das Gewimmel abertausender Kaulquappen erlebt hat, ahnt, welch beeindruckende Lebenskraft sich in diesem Biotop zu entfalten vermag. Eine junge Frau, die neulich am Ufer mit Spaziergängern ins Gespräch gekommen war und sich über die Situation echauffierte, erklärte sich spontan bereit, notfalls eine Eimerkette zu organisieren. Nicht ganz ernst gemeint, sicher, aber sehr symbolisch.

Nachtrag: Wie die Leipziger Volkszeitung am 25. März 2022 vermeldete, haben das Amt für Stadtgrün und Gewässer und der Leipziger Zoo beschlossen, dem Vorschlag von Jörg Wildermuth (Bürgerverein Waldstraßenviertel) und Heinz-Jürgen Böhme (Pro Leipzig) zu folgen, und Wasser aus der vollgelaufenen Zoo-Baugrube "Feuerland" in den Rosentalteich hinüberzupumpen. Auch wenn der Termin dafür noch nicht ganz klar ist und es eine einmalige Aktion bleiben soll, ist diese Initiative durchaus zu begrüßen. Hoffen wir, dass die Teichsohle das Wasser hält und kein nächster Dürre-Sommer das Standgewässer erneut austrocknen lässt!

Buchempfehlung

Nicht bei PRO LEIPZIG erschienen, aber dennoch eine Empfehlung wert:




Erholsame Weihnachtsfeiertage für alle!

Der Vorstand von PRO LEIPZIG wünscht allen Mitgliedern und Freunden des Vereins sowie allen an unserer ehrenamtlichen Arbeit Interessierten ein wunderschönes, besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Auf dass wir alle in Gesundheit und Frieden ein erfolgreiches Jahr 2022 erleben können!

Das Büro wird vom 24. Dezember 2021 bis 3. Januar 2022 für den Publikumsverkehr geschlossen sein und nur zur Abwicklung von Online-Bestellungen sporadisch besetzt werden.

Wir freuen uns, Sie dann wieder ab 4. Januar 2022 zu den gewohnten Öffnungszeiten persönlich begrüßen zu dürfen!

Herzlichst, Martin Malangeri und Michael Liebmann



Künftiger Standort der Musikschule Johann Sebastian Bach sollte der Matthäikirchhof sein

In Sachen Bürgerbeteiligungsprozess zur Neugestaltung des Matthäikirchhofs gibt es zu vermelden, dass die Stadtverwaltung mittlerweile das Protokoll der 3. Fachwerkstatt vom 9.9.2021 sowie eine Auswertung der Aktionswochen vom 19.-22.9.2021 auf Ihrer Webseite veröffentlicht hat. Die 4. Fachwerkstatt soll im März stattfinden. Ein genauer Termin ist aber - nach Auskunft einer Angestellten im Stadtbüro - wegen der aktuellen Corona-Pandemie-Entwicklung noch nicht sicher vorhersagbar. Damit das Thema im nächsten Vierteljahr dennoch nicht ganz aus den Köpfen der Bürgerschaft verschwindet, stellt unser Vereinsmitglied Heinz-Jürgen Böhme folgenden Vorschlag zur Diskussion, den PRO LEIPZIG vollumfänglich begrüßt und unterstützt:

 

Derzeit ist die Musikschule unter anderem im Gebäude der ehemaligen Reichsbank (hier 1890) in der Petersstraße 43 präsent. © Pro Leipzig

Schon vor geraumer Zeit wurde der künftige Matthäikirchhof mit einer dominanten politischen Orientierung bedacht, demgegenüber blieben die hier anzustrebenden kulturellen Komponenten bislang eher vage.

Dabei bietet insbesondere die reiche, beinahe 250jährige Musikgeschichte für die Perspektive des Kirchhofs bemerkenswerte Ansätze. Diese Traditionslinien sind u. a. mit Georg Philipp Telemann, den beiden Orgelbaumeistern Donat, Johann Adam Hiller, Johann Gottfried Schicht, Ernst Anschütz, E.T.A. Hoffmann, Carl Friedrich Zöllner, dem Musikhistoriker Carl Augustin Grenser sowie mit vielfältigen weiteren Bezügen verbunden, etwa zum Theater auf der Ranstädter Bastei, dem späteren Alten Theater, oder zu Richard Wagner.

Nicht zuletzt sei daran erinnert, dass vier Töchter Johann Sebastian Bachs langjährig im Blauen Stern auf dem Neukirchhof in einer gemeinsamen Wohnung als Almosenfrauen lebten.

Vor diesem Hintergrund ist die Musikschule "Johann Sebastian Bach" geradezu prädestiniert, hier ihr neues Domizil zu erhalten. Damit verknüpft sich die berechtigte Hoffnung, dass sie sich mit ihren zeitgemäßen Unterrichtsformen, mit öffentlichen Konzerten unterschiedlichster Genres sowie mit der unerschöpflichen Bandbreite musikalischer und tänzerischer Impulse zu einem kulturellen Nukleus des Viertels entwickeln wird.

Es ist diesem geschundenen, seit Jahrzehnten brachliegenden Ort kaum Besseres zu wünschen, als eine solch herausragende musische Bildungsstätte mit frischer Strahlkraft. Überdies besteht hier die Chance, mit einem signifikanten Bau das Bild des neuen Matthäikirchhofs zu prägen und die Musikschule auch in architektonischer Form wahrnehmbar in der Kulturlandschaft Leipzigs zu verankern.

Heinz-Jürgen Böhme

20.12.2021


Pro-Leipzig-Führung um den Elsterstausee am 30. Oktober 2021

Der Elsterstausee im Jahr 2008, Quelle: Wikipedia / ch_ivk

Der Leipziger Elsterstausee ist Geschichte. Wo einst Wellen spielten, Badende sich vergnügten, Segel gesetzt, die "Immer bereit" in See stach und bis zu 300 Tonnen Karpfen jährlich abgefischt wurden, liegt heute eine weite, trockene Ebene, in der Schafe und Ziegen weiden. Der See war einer zu viel im Leipziger Neuseenland. Er wurde aufgegeben, trotz der Tatsache, dass er der erste und für Jahrzehnte auch einzige Ort in und um Leipzig war, an dem maritime Träume ausgelebt werden konnten. Zusammen mit dem Förderverein Elsterstausee hat PRO LEIPZIG 2018 das umfangreiche Buch "Der Leipziger Elsterstausee. Seine Geschichte vom Anfang bis zum Ende" erarbeitet und herausgegeben. Unter anderem auf dessen Grundlage wird unser Vereinsmitglied Peter Helbig eine Führung um den trocken gefallenen und rechtlich entwidmeten See veranstalten und läd hiermit alle Interessenten herzlich ein.

Treffpunkt: Samstag, 30.10.2021, 14 Uhr, Parkplatz Elsterstausee

Eine kleine Aufwandsentschädigung von 5 Euro pro Person kann beim Kauf eines Buches "Elsterstausee" (24 Euro) verrechnet werden. Wir freuen uns auf Ihr Kommen!


Der sächsische Umweltminister lud am 4. Oktober 2021 zum "Forum Leipziger Auwald"

Unter dem Motto "Leipziger Auwald - Aue gemeinsam neu denken" hat der Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft, Wolfram Günther, am 4. Oktober, 16.30 - 21.00 Uhr, Expertinnen und Experten in die Leipziger Konsumzentrale eingeladen und für ein gemeinsames, konstruktives Handeln zur Erreichung des ambitionierten Ziels der Revitalisierung des gefährdeten Auwaldes geworben. Für PRO LEIPZIG war Vereinsvorstand Michael Liebmann beim Forum mit dabei. Nach Einführungsvorträgen von Wolfram Günther (Sächsischer Umweltminister), Heiko Rosenthal (Umweltbürgermeister der Stadt Leipzig), Prof. Dr. Christian Wirth (iDiv / Uni Leipzig) und Karin Lange (Projekt Lebendige Luppe / Uni Leipzig) wurde sich in acht themenbezogenen Diskussionskreisen über die großen Chancen und möglichen Probleme dieses Großprojektes ausgetauscht. Ungeachtet einiger Differenzen in Detailfragen herrschte ein freundlicher, konstruktiver Geist: Allseits war die Vorfreude zu spüren, dass es nun endlich richtig losgehen soll. Angesichts des zunehmend desolaten Zustandes unseres weitgerühmten Waldjuwels auch keine Minute zu früh. Das federführende Dresdner Staatsministerium hat zur Veranstaltung folgende Presseerklärung herausgegeben:

"Am Montagabend (4.10.) haben mehr als 80 Expertinnen und Experten in der Leipziger Konsumzentrale beim »Forum Leipziger Auwald« den aktuellen Arbeitsstand und Pläne für die Revitalisierung und naturnahe Auenentwicklung im Großraum Leipzig diskutiert. Das Forum ist der Auftakt zu einer fachübergreifenden Zusammenarbeit aller Interessenvertreterinnen und -vertreter, um die Revitalisierung des ökologisch bedeutsamen Gebiets zu erreichen. Eingeladen hatte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther.

Der Minister hob hervor: »Der Auwald ist eine einzigartige Landschaft inmitten einer wachsenden Großstadt. Klimawandel und umfangreiche wasserbauliche Maßnahmen der zurückliegenden Jahrzehnte bedrohen dieses wertvolle Ökosystem. Wir müssen handeln. Darüber besteht Einigkeit. Verbände, beteiligte Kommunen, Landkreise, Landestalsperrenverwaltung, forstliche Nutzer, Landwirtschaft und die vielen anderen Nutzerinnen und Anrainer in und um den Auwald bringen unterschiedliche Sichtweisen und verschiedene Interessen mit – von Naturschutz über Hochwasserschutz und Waldbewirtschaftung bis Naherholung, um nur einige zu nennen. Schutz und Stärkung dieses einzigartigen Ökosystems können nur gelingen, wenn alle Interessenträger gemeinsam einen Weg zur Revitalisierung des Auwalds verabreden. Ich sehe es als Erfolg, dass die Akteurinnen und Akteure seit einigen Monaten wieder neu im Gespräch sind und heute beim ersten Auwald-Forum den Beginn dieses Wegs abstecken. Wir haben eine große, sehr schöne und lohnenswerte Aufgabe vor uns.«

Das »Forum Leipziger Auwald« setzt die bisherigen Aktivitäten fort, mit denen verschiedene Nutzungsansprüche und Schutzanforderungen im Bereich des Auwalds gebündelt werden. Im November 2020 hatten Fachleute aus Wissenschaft, Behörden und Verbänden unter Federführung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung einen gemeinsamen Strategieplan veröffentlicht.

Das Papier beschreibt in zehn Thesen die ökologischen Grundprinzipien für den Erhalt der Leipziger Auenlandschaft und ihrer Ökosystemleistungen. Zudem diskutiert es spezifische Herausforderungen für einzelne Lebensräume und formulierte Bedingungen für eine erfolgreiche Revitalisierung.

Die Entwicklung des Leipziger Auwalds ist zudem im Sächsischen Auenprogramm sowie im sächsischen Koalitionsvertrag verankert. Ziel der verschiedenen Aktivitäten und Maßnahmen ist es, ein Naturschutzgroßprojekt inmitten einer Großstadtregion zu entwickeln.

Der Leipziger Auwald hat aufgrund seiner Größe, Lage und biologischen Vielfalt eine besondere ökologische Bedeutung. Das Vorkommen der Wildkatze und zahlreicher weiterer Tier- und Pflanzenarten im Leipziger Auwald haben einen herausgehobenen Stellenwert. Es sind Arten nationaler Verantwortung. Viele dort lebende Tier- und Pflanzenarten sind an eine intakte Flussaue und einen naturnahen Auwald gebunden. Das Waldgebiet ist außerdem wichtig für das Stadtklima in Leipzig und ein Naherholungsgebiet der Region."


Passend zum Jahrestag der deutschen Einheit gibt es eine neue Wortmeldung des Vereins zum Matthäikirchhof:



Zu den "Aktionstagen Matthäikirchhof" vom 19. bis 22. September 2021: Unser Statement

Es ist allen Organisatoren und Beteiligten der Aktionstage für ihren Arbeits- und Zeitaufwand herzlich zu danken. Ihrem Engegement ist zu verdanken, dass das neu zu bebauende Areal wieder stärker ins Gedächtnis der Bürgerschaft gerückt ist. Dazu beigetragen hat nicht zuletzt auch die Basisstation von "Leipzig weiter denken", deren Präsenz an einem zentralen Ort das Thema dem dort hauptsächlich verkehrenen, eher konsumorientierten Publikum informativ vor Augen geführt hat. PRO LEIPZIG beteiligte sich an den Aktionstagen am 20.9.21 mit einer Führung unseres Vereinsmitgliedes Heinz-Jürgen Böhme, an der auch die Journalisten Antonia Weber von der Leipziger Zeitung und Mathias Orbeck von der Leipziger Volkszeitung teilnahmen. Erstere berichtete noch am selben Abend darüber - nachzulesen hier. Eine Ergänzung dazu von Seiten unseres Vereins stellte die Leipziger Zeitung am 24.9.21 online. Ebenfalls am 24.9.21 erschien ein ausführlicher Artikel in der Leipziger Volkszeitung, mit flankierendem Kommentar des Redakteurs Orbeck. Hier die Ausführungen von PRO LEIPZIG dazu, wie sich der Verein die zukünftige Gestaltung des Matthäikirchhof-Areals vorstellt:

Der neue Matthäikirchhof – Überlegungen zur Perspektive

Der Stasi-Anbau aus den 1980er Jahren blockiert die bauliche Entwicklung des Innenstadtquartiers

Die Macht der Stasi wurde vor drei Jahrzehnten gebrochen, es ist höchste Zeit, dem Matthäikirchhof ein freundliches Gesicht zu geben und ihn wieder zu einem lebendigen Teil der Stadt zu machen. Um dafür einen umfassenden Planungsspielraum zu ermöglichen, ist der komplette Abbruch des monströsen Stasi-Erweiterungsbaus unabdingbar. Fassadenkosmetik und exorbitante Umbaukosten lösen das Problem nicht. Als Symbol der Staatssicherheit und als Stätte des Bewahrens, Gedenkens und der politischen Reflexion ist die „Runde Ecke“ die richtige Adresse, künftig im Verbund mit dem administrativ festgelegten „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“, von dessen inhaltlicher Ausgestaltung ausgerechnet die Bürgerschaft ausgeschlossen ist, sowie flankiert vom Archiv der sächsischen Stasi-Unterlagen. Ein Kompaktpaket auf immerhin einem Drittel der Gesamtfläche! Falls dann noch das von der Verwaltung erstrebte 200-Millionen-„Zukunftszentrum“ und ein netter Firmensitz dazu kommen, dürfte der Platz für Anderes knapp werden.

Zunächst geht es jedoch darum, das bisher abgeschottete Areal städtebaulich klug und weitsichtig neu zu strukturieren und wieder an die Altstadt anzubinden. Wie vom Stadtrat schon 1991 in der „Erhaltungssatzung Innenstadt“ fixiert, sollten dabei historische Baufluchten ebenso angestrebt werden, wie die Erhaltung der aus den historischen Grundstücksgrößen überkommenen Formate. Die spannungsvolle Raumgliederung sowie die Kleinteiligkeit der Bebauung sind entscheidende Kriterien der anzustrebenden neuen Individualität. Da diese im konkreten Fall nur mit den Mitteln hochwertiger moderner Architektur erreicht werden kann, ist allerhöchster Anspruch gesetzt – eine Herausforderung, die in der Leipziger Altstadt in den vergangenen Jahren freilich äußerst selten eingelöst wurde. Die Installation von Großbausteinen ist dem Ziel abträglich, zerstörerisch geradezu. Der Kirchhof, dieser zentrale Stadtplatz, sollte ein einladender Begegnungsort sein mit besonderem, durchaus überraschendem Flair, jedenfalls ein Platz, den man gern und oft aufsucht. Er sollte in jedweder Beziehung barrierefrei sein, ausreichend mit Bäumen und Bänken bestückt und gemäß der historischen Situation sollte ein Brunnen nicht fehlen. Auf dem Areal des heutigen Parkplatzes hinter dem Großen Blumenberg empfiehlt es sich vorrangig Wohnen anzusiedeln, ausgerichtet in Anlehnung an die historische Grundstücksstruktur zwischen Großer Fleischergasse und der wieder anzulegenden Töpferstraße, gut besonnt und mit grünen, nicht zu engen Höfen, mit Spiel- und Sitzmöglichkeiten, vielleicht eine Kita – damit auch junges Leben gedeihen kann. In den Erdgeschossen verträgliches Handwerk, Dienstleister, Kreativwerkstätten, Gastronomie und kleine Händler – jedenfalls keine Ketten und Großformate.

Die Große Fleischergasse ist als Straßenraum seit dem Krieg nicht erlebbar und bedarf wieder einer in Gestalt und Funktion attraktiven Westseite, deren Baulinie der historischen Krümmung folgen sollte. Hier ist die Kontaktzone zur Altstadt, zur Kneipenmeile und zum Jägerhof mit seiner hochkarätigen, aber (abgesehen vom Kino) derzeit noch toten Passage. Leider zeigt auch der neue Primark-Komplex hier nur seine abweisende Seite. Eine passagenartige Verbindung zur Hainstraße, wie sie vor dem Krieg an gleicher Stelle in der Tuchhalle bestand, dürfte unter heutigen Bedingungen kaum mehr erreichbar sein.

An der Klingertreppe wird deutlich, dass der monströse Verwaltungsbau wie ein Querriegel eine öffnende Wegeführung zum Matthäikirchhof-Areal verhindert

Im zentralen Bereich des Matthäikirchhofs sollten die Volkshochschule und die Musikschule Johann Sebastian Bach ihren Platz finden. Mit letzterer könnte die lange und vielschichtige Musiktradition des Ortes aufgenommen und weitergeführt werden. Zu erinnern ist etwa an Georg Philipp Telemann, E. T. A. Hoffman, Carl Friedrich Zöllner oder Ernst Anschütz, um nur einige zu nennen. Auch eine Kleinbühne, ein Club oder eine Galerie sind im südöstlichen Bereich vorstellbar. An Vorschlägen aus der Bürgerschaft mangelt es jedenfalls nicht. Aber egal an welcher Stelle diese Träger kultureller Vielfalt auch immer angesiedelt werden, es ist unumgänglich stabile und auskömmliche Bedingungen zu garantieren, vor allem bezahlbare Mieten. Da die in Rede stehenden Grundstücke allesamt städtisch sind, sollte hier eine für das Gesamtmilieu vorteilhafte Steuerung erfolgen. Geschieht dies nicht oder nur halbherzig, bröckelt das Konzept vom Individuellen ins Austauschbare.

Apropos Eigenart, warum nicht einmal die lokale Geschichte im Freiraum reflektieren? Von der urbs libzi über das Barfüßerkloster, die Neu- bzw. Matthäikirche, über jahrhundertlang florierendes selbstbewusstes bürgerliches Leben, Persönlichkeiten, die hier wohnten und wirkten, über den Untergang des Viertels am 4. Dezember 1943, den archäologischen Grabungen der Nachkriegszeit bis hin zu dem monströsen Bau, mit dem der Stasi das Areal in den 1980er Jahren okkupierte. Einprägsam veranschaulicht ließe sich so unkompliziert und schwellenlos der Metamorphose des Viertels nachspüren und über die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse, aber auch über aktuelle Probleme demokratischer oder scheindemokratischer Prozesse und Erscheinungsformen ins Gespräch kommen.

Noch einmal: Der Bürgerverein Pro Leipzig e.V. plädiert nachdrücklich dafür, maximale planerische Flexibilität zu schaffen und dafür das Areal bis auf die denkmalgeschützten Gebäude von allen Hemmnissen und Bremsklötzen zu befreien. Die politische Geschichte bleibt auch mit dem Erhalt einiger typischer Elemente erzählbar. Und was den für Anfang 2022 anstehenden städtebaulichen Wettbewerb betrifft, der sollte unbedingt uneingeschränkt und frei ausgeschrieben werden, damit für das anspruchsvolle Ziel keine Ideen verloren gehen.


Aktionstage Matthäikirchhof, 19. - 22. September 2021

Nachdem nun mittlerweile das Protokoll zur 2. Fachwerkstatt auf der Webseite der Stadt zu finden ist und auch die Online-Befragung eine Auswertung erfahren hat, werden bezüglich der zukünftigen Strukturen auf dem Areal die ersten Entscheidungstendenzen sichtbar. Es wird deshalb Zeit, dass PRO LEIPZIG sich noch einmal in den Bürgerbeteiligungsprozess einbringt, um die Präferenzen des Vereins deutlich zu machen. Im Rahmen der "Aktionstage Matthäikirchhof", die vom 19.-22. September 2021 stattfinden werden, beteiligen wir uns deshalb auch mit einer Aktion. Der Veranstalter "Leipzig weiter denken" verspricht den interessierten Bürgern "Öffentliche Beteiligung, Ausstellungen und Führungen". Das Programm der Aktionstage kann hier in einer übersichtlichen Variante eingesehen werden.

Am Montag, den 20. September 2021, 16-18 Uhr, wird unser Vereinsmitglied Heinz-Jürgen Böhme bei einer informativen Führung einen Einblick in die kulturhistorische und strukturelle Entwicklung des Areals Matthäikirchhof geben - von der städtebaulichen Situation vor der Kriegszerstörung bis zum heutigen Zustand. Anschließend soll ein Gedankenaustausch über die Möglichkeiten und Notwendigkeiten der neuen Prägung dieses besonderen Ortes mit den beteiligten Bürgern stattfinden. Um eine solche Diskussion im (geräuschvollen) öffentlichen Raum möglich zu machen, wird die Teilnehmerzahl notgedrungen begrenzt sein. Rechtzeitiges Erscheinen sichert also gute Plätze.